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24.01.2013
Deutschland braucht höhere Löhne

Verbessern die kriselnden Euro-Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit, bricht der deutsche Export ein. Nur die Inlandsnachfrage kann dann noch helfen.

In einem Artikel hat der Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck, Chefökonom der United Nations Conference on Trade and Development (Unctad), einen deutlichen Lohnanstieg in Deutschland gefordert. Denn wenn die anderen Euro-Länder wie Italien, Spanien oder auch Griechenland, die derzeit tief in der Krise und Rezession stecken, wieder wettbewerbsfähig werden, geht das auch zu Lasten der deutschen Exporte.

Deshalb muss die Inlandsnachfrage bei uns kräftig steigen, wenn wir einen Wirtschaftseinbruch in Deutschland vermeiden wollen.

Ohne die Droge Exportüberschuss hat Deutschland kein plausibles Wirtschaftsmodell.

Deutschland hat auch 2012 einen Leistungsbilanzüberschuss von 150 Mrd. Euro verzeichnet. Das heißt andersherum: Die Handelspartner Deutschlands haben dafür neue Schulden von 150 Mrd. Euro aufgetürmt - die Staaten der Euro-Zone davon immerhin etwa 60 Mrd. Euro. Wenn aber die Problemländer in Euroland ihre Defizite abbauen, dann kann Deutschland nicht gleichzeitig seine Überschüsse halten. Folglich ist ein Abbau des gewaltigen Überschusses in Deutschland unumgänglich.

Einkommen der privaten Haushalte müssen wesentlich stärker zulegen

Flassbeck: „Um einen negativen Effekt vom Außenbeitrag über längere Sicht verkraften zu können, müsste in Deutschland die Inlandsnachfrage, also Konsum und Investitionen, in ganz anderen Dimensionen zunehmen als bisher. Um den Konsum zu beleben, müssten aber die Einkommen der privaten Haushalte wesentlich stärker zulegen als im letzten Jahrzehnt. Stiegen beispielsweise die Löhne in den nächsten zehn Jahren im Durchschnitt nominal um etwa fünf Prozent pro Jahr, würde das die Bereiche, die für den Binnenmarkt produzieren, erheblich beleben und Investitionen nach sich ziehen. Mit etwas Unterstützung durch einen staatlichen Investitionsschub könnte sich daraus ein Produktivitätszuwachs ergeben, der deutlich über den 1,5 Prozent liegt …

Man wird einwenden, das sei unrealistisch, weil die Gewerkschaften schwach sind und die Arbeitslosigkeit schon wieder steigt. Man sollte nur auch nicht vergessen, dass es der Staat war, der die Gewerkschaften schwach gemacht hat. Würde die Wirtschaftspolitik das Problem verstehen, könnte sie ohne weiteres intervenieren und dabei helfen, zu vernünftigen Lohnabschlüssen zurückzukehren .." 

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