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14.03.2013
Leiharbeitnehmer zählen jetzt bei Betriebsratsgröße mit

Bundesarbeitsgericht ändert Rechtsprechung

Am 13. März 2013 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten des § 9 des Betriebsverfassungsgesetzes im Entleiherbetrieb mitzählen. In diesem Paragrafen des Gesetzes ist geregelt, wie viele Betriebsräte entsprechend der Beschäftigtenzahl im Betrieb zu wählen sind. Bislang galt in der Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte der Grundsatz: „Leiharbeitnehmer wählen, aber zählen nicht“.

Das Problem: Überall in den Betrieben in Deutschland hat die Zahl der Leiharbeitnehmer enorm zugenommen. Das stellt die Betriebsräte vor enorme Herausforderungen und erfordert hohen Betreuungsaufwand. Die Zahl der gewählten Betriebsräte blieb aber unverändert, weil nach bisheriger Rechtslage nur die „Stammbeschäftigten“ zählten.

Wegen der Zunahme von Leiharbeit ist diese Änderung der Rechtsprechung also wegweisend. In einer Vielzahl von Fällen werden nunmehr größere Betriebsratsgremien zu wählen sein. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner mündlichen Entscheidungsbegründung jedoch darauf hingewiesen, dass künftig jede gesetzliche Vorschrift, die Schwellenwerte enthält, überprüft werden muss, ob Leiharbeitnehmer mit zu berücksichtigen sind. Das betriftt z.B. die Berechnung der Zahl der Freistellungen gemäß § 38 BetrVG und die Frage, ob ein Wirtschaftsausschuss zu errichten ist.

Erfolgreicher Einsatz der Betriebsräte von Electrolux in Rothenburg

Der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Fall betrifft das Electrolux-Werk in Rothenburg: Zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl 2010 waren dort 879 Arbeitnehmer und zusätzlich 292 regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der Wahlvorstand hatte die regelmäßig beschäftigten Leiharbeitnehmer zur Gesamtbelegschaft hinzugerechnet und zunächst ein Wahlausschreiben verfasst, das auf die Wahl eines Betriebsrates mit 15 Mitgliedern gerichtet war.

Durch eine einstweilige Verfügung, die der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht Nürnberg erwirkte, wurde die Wahl abgebrochen. Vor diesem Hintergrund mußte der Wahlvorstand, um eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden, ein neues Wahlausschreiben aushängen und die Wahl eines nur 13-köpfigen Betriebsratsgremiums durchführen.

Mühsamer Weg durch die Instanzen

Der dann neu gewählte Betriebsrat der Electrolux Rothenburg wollte die Entschiedung des Arbeitsgerichts Nürnberg jedoch nicht hinnehmen. Der Betriebsrat hat die eigene Wahl angefochten mit dem Argument, die Leiharbeitnehmer hätten bei der Belegschaftsstärke berücksichtigt werden müssen.

Das Arbeitsgericht Nürnberg und das Landesarbeitsgericht Nürnberg wiesen die Wahlanfechtungsanträge ab. Sie gingen davon aus, dass die Leiharbeitnehmer nicht mitzuzählen seien. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg ließ jedoch die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu.

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