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26.10.2021
Gesamt- und Konzernbetriebsrat: Instabile Zeiten erfordern eine solidarische Interessenvertretung

Bei der jährlichen Arbeitstagung des Konzern-Wirtschaftsausschusses in Schweinfurt standen die Rahmenbedingungen der Automobilzulieferindustrie im Mittelpunkt

Salvatore Vicari interpretierte die aktuelle Geschäftsentwicklung aus Sicht des Gesamtbetriebsrats (Titelfolie)

Bei der Wirtschaftsausschuss-Tagung wurden auch drei Mitglieder des Gremiums verabschiedet – hier: Birgit Goebbels (links: Salvatore Vicari)

Weltweite Herausforderungen für die Autozulieferindustrie

Die Automobil- und Autozulieferindustrie sieht sich seit längerer Zeit mit enormen Herausforderungen konfrontiert: Dies betrifft die globale Corona-Pandemie, die Krise in der Halbleiterindustrie, die globalen Handelskonflikte, massive Probleme in der weltweiten Zulieferkette, die Transformation hin zur Elektromobilität, die Digitalisierung in der Arbeitswelt oder – ganz aktuell – die Herausforderung aus politischen Rahmenbedingungen wie der Ausstieg aus der fossilen Verbrennungstechnologie bis 2035. Aus all diesen Punkten zeichnen sich Überkapazitäten in der Autozulieferbranche ab, was auch die Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet. Diese Themen standen deshalb auch bei der zweitägigen Arbeitstagung des Wirtschaftsausschusses im Mittelpunkt, die selbstverständlich unter strikten Corona-Hygieneauflagen stattfand.

Beschäftigungssicherung ist oberstes Ziel der Arbeitnehmervertretung

Grundlage für die Arbeit des Wirtschaftsausschusses sind die aktuellen wirtschaftlichen Zahlen von Schaeffler wie auch die allgemeine ökonomische und politische Entwicklung. Salvatore Vicari, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und des Wirtschaftsausschusses, erklärt dazu: „Unser oberstes Ziel ist die Sicherung der Arbeitsplätze und Standorte von Schaeffler! Dafür müssen wir wissen, wie es der Firma ökonomisch geht und wie die allgemeinen Aussichten sind. Deshalb beginnt die Sitzung stets mit dem Bericht zur wirtschaftlichen Lage sowie zur Situation in den drei Divisionen von Schaeffler. Dazu hatten wir diesmal mit Herrn Dr. Spindler und Herrn Zink die Vorstände der Divisionen Industrie und Automotive eingeladen, die uns einen Überblick über ihre Strategie gaben. Außerdem berichtete Frau Schittenhelm als Personalvorstand über die aktuelle wirtschaftliche Lage der Schaeffler-Gruppe.“

Herausfordernde Transformation zu Elektromobilität und Digitalisierung

Der Rückblick des Wirtschaftsausschusses in der Arbeitstagung zeigte, dass Schaeffler sich im 1. Halbjahr 2021 gut von der Corona-Krise erholt hat, Umsatz und Gewinn sowie freie Mittel (Cashflow) sind erfreulich stark im Plus. Die Strategie, auf Elektromobilität und Digitalisierung zu setzen, ist richtig. Schaeffler hat hier immer mehr innovative Produkte im Angebot, wird vom Komponenten- zum Systemhersteller. Mit den zahlreichen neuen Produkten gilt es nun, profitables Wachstum in der Transformation zu erzielen. Zudem dürfte sich im 2. Halbjahr 2021 die Konjunktur eintrüben, wegen des weiter schwelenden Handelskonflikts zwischen USA und China, aber auch wegen der Spätwirkungen von Corona. Die Knappheit bei wichtigen Vorprodukten wie Halbleitern, Stahl und Aluminium trifft die Autoindustrie und den Maschinenbau. Das Vorkrisenniveau bei der Autoproduktion aus dem Jahr 2019 wird laut der IHS-Prognose deshalb erst 2023 wieder erreicht. Für 2020 wird wegen des Halbleitermangels statt 80 Millionen Fahrzeugen nur noch mit 75,6 Millionen Fahrzeugen gerechnet.

Nachhaltigkeit ist Risiko und Chance für den Standort Deutschland

Salvatore Vicari betont: „Die zunehmenden wirtschaftlichen Schwankungen sind für das Management, vor allem aber für die Beschäftigten eine große Herausforderung. Zwischen Mehrarbeit und Kurzarbeit geht es teilweise hektisch hin und her, im ein und demselben Betrieb klafft die Realität weit auseinander. Die Planbarkeit wird immer geringer. Da helfen nur solidarische Lösungen! Zugleich zeichnet sich immer stärker das Thema der Nachhaltigkeit ab. Darunter werden gute Arbeitsbedingungen verstanden sowie der Natur- und Klimaschutz. Klar ist: Schaeffler wird nur dann eine positive Zukunft haben, wenn die Firma weltweit ökologischer wird und gleichzeitig für gute Arbeitsbedingungen einsteht.“ Dafür würden gesetzliche Auflagen, aber auch wirtschaftlicher Druck von Kunden und Investoren sowie gesellschaftlicher Druck aus der Zivilgesellschaft sorgen. Die ökologische Transformation hin zu Elektromobilität und Digitalisierung, Ressourceneinsparung und CO2-Neutralität bedeuten Risiken, aber auch Chancen für die Beschäftigung in Deutschland.

Erfolgreicher Austausch und Erarbeitung der Arbeitnehmerstrategie

In drei Arbeitsgruppen des Gesamt- und Konzernbetriebsrats wurden vier Fragen diskutiert: Die wirtschaftliche Strategie und Ausrichtung von Schaeffler, die Chancen und Risiken der divisionalen Ausrichtung, die Erfahrungen mit dem Standortdialog (zwischen Betriebsart und Geschäftsleitung) und die Kommunikation zwischen Wirtschaftsausschuss und örtlichen Betriebsräten. Im Arbeitgeberteil stach neben den Berichten der drei Vorstandsmitglieder die Präsentation von Herrn Dr. Najda zur Entwicklung des Shared Service Center in Breslau/Polen heraus. Hier äußerten die Betriebsräte zum wiederholten Male deutliche Kritik an der mangelnden Funktionsfähigkeit des Shared Service Center, die sie zuvor in einer Abfrage der deutschen Standorte systematisch eingesammelt hatten. Hier versprach die Firmenseite erneut Verbesserungen. Auch wurde der bundesweite IG Metall-Aktionstag am 29.10. besprochen, an dem sich die deutschen Schaeffler-Standorte beteiligen werden. Salvatore Vicari zieht ein positives Fazit: „Unsere zweitägige Wirtschaftsausschuss-Arbeitstagung einmal im Jahr ist wichtig für den Austausch in der Interessenvertretung und die Erarbeitung gemeinsamer strategischer Zukunftsvorstellungen, zumal wir erstmals seit Beginn der Coronakrise wieder in Präsenz tagen konnten. Wir gehen gestärkt in die nächsten Monate!“

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