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17.06.2014
Billiglohnreserve durch die Hintertür

Vor der Sommerpause will die Bundesregierung den Gesetzentwurf zum Mindestlohn verabschieden, der Streit um Ausnahmen legt zu. Der DGB bestätigt vor diesem Hintergrund die strikte Ablehnung aller Ausnahmen.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell kritisierte zu Wochenbeginn in Berlin, auch die bereits im Gesetzentwurf vorgesehenen Ausnahmen seien "willkürlich, diskriminierend und widersprechen dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes".

Doppelt benachteiligte Junge

Mit Blick auf die Altersgrenze von 18 Jahren erklärte Körzell: "Junge Menschen brauchen eine gute Ausbildung, um eine Perspektive für ihr berufliches Weiterkommen zu haben. Wir brauchen hier keine Ausnahmen sondern mehr Ausbildungsplätze - das belegt auch der gerade vorgestellte nationale Bildungsbericht. Weil die Unternehmen immer weniger ausbilden, sind heute viele junge Leute gezwungen, einen Job anzunehmen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie dürfen nicht doppelt bestraft werden, indem sie einerseits keine Chance auf einen Ausbildungsplatz haben und zudem keinen Anspruch auf einen Existenz sichernden Lohn."

Billiglohnreserve durch die Hintertür

Die Ausnahme von für Langzeitarbeitslose bewertet der DGB ebenfalls als kontraproduktiv und ungerecht. Werden sie unter dem Vorwand eines erleichterten beruflichen Wiederinstieges für sechs Monate unter der Mindestlohngrenze bezahlt, bildet sich faktisch eine Billiglohnreserve, die, so steht angesichts vergangener Ausnutzung gesetzlicher Schlupflöcher durch skrupellose schwarze Schafe zu befürchten, die Misere noch verstärkt: "Die vorgesehene Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose wird zu einem ‚Drehtüreffekt‘ führen, bei dem ein Langzeitarbeitsloser nach sechs Monaten durch den nächsten ersetzt wird." Ähnlich sieht es bei der Ausnahme für Praktikanten aus. Bereits jetzt bilden sie in vielen Branchen einen Pool billiger Arbeitskräfte, die unter dem Vorwand angeblicher Lernverhältnisse über weite Strecken normale Tätigkeiten verrichten.

Anstandsgrenze ohne Wenn und Aber

Der DGB nimmt daher die Arbeitgeber in die Verantwortung: "Wer die Fachkräfte für morgen sichern will, muss in die Menschen und ihre Potenziale investieren, statt sie mit Hungerlöhnen abzuspeisen. Wenn der Mindestlohn nicht ohne Wenn und Aber für alle sozialversicherten Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis gilt, verdient er seinen Namen nicht", fasste Körzell zusammen, und: "8,50 Euro pro Stunde sind die Anstandsgrenze nach unten für alle."

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