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23.04.2009
Frankreich: Schluss mit Bravsein

Was sind ein paar zerstörte Computer schon im Vergleich zu mehr als 1.000 zerstörten Existenzen?

Am Dienstagabend hat ein französisches Gericht die Klage der Belegschaft gegen die vom Conti-Vorstand in einer Blitzaktion verordnete Schließung des Conti-Reifenwerks Clairoix in Nordfrankreich mit 1.200 Beschäftigten zunächst abgelehnt.

Die Reaktion der Beschäftigten: Sie zertrümmerten die Fenster der Empfangshalle des Conti-Werks und zerstörten das Mobiliar. Daraufhin blieb das Conti-Werk am Mittwoch geschlossen.

Zuvor hatte eine Delegation der Beschäftigten in der nahe gelegenen Unterpräfektur Compiègne vor laufenden Fernsehkameras ihre Wut an Computern und Aktenordnern der französischen Bürokratie ausgelassen. Dort hatten sie gerade telefonisch von dem skandalösen Gerichtsurteil erfahren.

"Fünf Wochen lang sind wir brav geblieben, heute ist es damit vorbei", erklärte Xavier Mathieu von der franzöischen Gewerkschaft CGT unter dem Beifall von mehreren hundert Beschäftigten. Später in den französischen Fernsehnachrichten, zu denen er live zugeschaltet wurde, wurde er gefragt, ob er seinen Wutausbruch bereue?

Seine Antwort: "Sie machen wohl Witze. Was soll ich bereuen. Ein paar kaputte Computer? Was ist das schon im Vergleich zu mehr als 1.000 zerstörten Leben? In einem Monat sitzen wir und unsere Familien auf der Straße. Wir wollen aber nicht krepieren. Deswegen werden wir weitermachen."

Heute haben mehrere hundert Conti-Beschäftigte aus Clairoix in Hannover vor der Hauptversammlung von Conti gemeinsam mit deutschen Kollegen gegen die Werksschließungen in beiden Ländern demonstriert. Wir berichten.

 

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