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07.09.2017
Elektromobilität: So wird Deutschland zukunftsfähig

Die Zukunft der Mobilität ist ohne Elektroautos nicht vorstellbar. Damit die deutsche Autoindustrie nicht abgehängt wird, muss sie eine Schlüsseltechnik beherrschen: Den Bau leistungsstarker Batteriezellen. Ein neues Konzept zeigt den Weg dorthin

Das Titelblatt der NEP-Handlungsempfehlungen (erstes Bild); eine Studie des Tesla-Fahrzeugs "Model 3" (zweites Bild); Schnell-Ladesäulen der US-Automarke "Tesla" an der Autobahn A9 (drittes Bild); ein Elektrobus der chinesischen Marke "BYD" (viertes Bild); Ladestation für Elektrobusse (fünftes Bild)

Wer eine lange Reise vor sich hat, sollte einen Fahrplan dabei haben. Die Automobilindustrie in Deutschland steht vor einer beachtlichen Wegstrecke bei der Elektromobilität. Bisher hinkt sie asiatischen und US-amerikanischen Autobauern meilenweit hinterher. Wollen die deutschen Autohersteller ihre bisherige starke Position im weltweiten Wettbewerb behaupten, müssen sie die elektrische Herausforderung meistern. Sie dürfen dabei keine Zeit mehr verlieren.

Denn die Konkurrenz schläft nicht: Tesla will mit dem gerade erfolgten Produktionsstart seines "Model 3" zum Elektro-Massenhersteller werden. Das Modell soll eine Reichweite von 350 bis 500 Kilometer haben und lediglich knapp 35.000 US-Dollar (Einstiegspreis) kosten. Bereits im Jahr 2018 sollen vom Model 3 rund 300.000 Fahrzeuge verkauft werden. Im ersten Halbjahr 2017 hat Tesla gut 47.000 Fahrzeuge der bisherigen zwei Modelle S und X ausgeliefert.

Der "Tesla für alle" soll Mitte 2018 auf den Markt kommen und die Zahl der Auslieferungen im Tesla-Konzern soll auf 500.000 Exemplare im Jahr steigen. Bisher sollen bei Tesla laut eigenen Angaben bereits 450.000 Vorbestellungen für das "Model 3" eingegangen sein. Für Deutschland plant der Elektrofahrzeughersteller eine Verdoppelung des Absatzes in diesem Jahr. Im ersten Halbjahr hat der Tesla-Konzern in Deutschland 2.075 Elektroautos verkauft.

Der chinesische Kfz-Hersteller "Build Your Dreams (BYD)" wiederum liefert demnächst für die Shenzhen Western Bus Company 432 Elektrobusse zum Preis von rund 85 Millionen US-Dollar. Dies ist auf dem bisher sehr kleinen Markt der Elektrobusse ein riesiges Auftragsvolumen. China steht an der Spitze der Elektromobilität, im Jahr 2016 wurden dort über 500.000 Elektro- und Hybridfahrzeuge verkauft - in Deutschland nur rund 25.000.

Folglich ist auch ein Großteil der weltweiten Batteriefertigungskapazitäten im "Reich der Mitte" konzentriert: Aus China stammen über 70 Prozent aller E-Automobil-Batterien. Diese Vorherrschaft wird nun von Tesla angegriffen, das eine gigantische Batteriefabrik im US-Bundesstaat Nevada baut. Die "Gigafactory" soll bei Produktionsstart 2018 mehr Batterien produzieren als heute alle Hersteller zusammen. Europa hat dagegen kaum noch Batteriefertigung.

Doch das Herzstück eines Elektroautos ist eben diese Batterie. Sie entscheidet über Leistung und Reichweite und damit über die Attraktivität des Autos für die Kunden. Und: Die Batterie steht für 30 bis 40 Prozent der Wertschöpfung eines E-Autos. Falls die deutsche Autoindustrie hier nicht bald mit politischer Unterstützung handelt, könnte die Zukunft des Automobils ohne Deutschland und Europa stattfinden - mit drastischen Folgen für die Beschäftigung.

"Eine Zellproduktion in Deutschland sichert und schafft Arbeitsplätze und Know-how, und sie reduziert die Abhängigkeit von ausländischen Herstellern", sagt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. Die Weichen für eine Batteriezellproduktion der nächsten Generation ab 2021 müssten aber heute gestellt werden. "Hier ist auch die Bundesregierung gefragt: Sie kann und muss den Entscheidungsprozess in den Unternehmen mit einer klugen Standortpolitik unterstützen."

Ein Konzept für Ausbau und Förderung der Batteriefertigung liegt nun auf dem Tisch: Die "Nationale Plattform Elektromobilität (NPE)" - ein Zusammenschluss von Gewerkschaften, Industrie, Wissenschaft, Politik und Verbänden - hat einen Fahrplan dazu vorgelegt. Er beschreibt, wie Deutschland zu einem zentralen Standort der Batteriefertigung werden kann: http://nationale-plattform-elektromobilitaet.de/die-npe/publikationen/#tabs .

Mehr Informationen unter: https://www.igmetall.de/elektromobilitaet-npe-roadmap21263.htm

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