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03.11.2017
Elektromobilität: China vor USA und Norwegen

Bei den Neuzulassungen von E-Fahrzeugen in den ersten neun Monaten 2017 liegt das "Reich der Mitte" deutlich vorne – Die Statistiken sind jedoch nur bedingt aussagefähig

Drei typische "E-Autos" in China – Fotos: Michael Kraus, 28.10.2017, Beijing

Wie die Automobilwoche vermeldet, gibt China bei der E-Mobilität weiter den Ton an: Von Januar bis September 2017 wurden 398.000 E-Fahrzeuge verkauft. Darin enthalten sind allerdings gewerbliche Fahrzeuge und Busse, die einen deutlichen Anteil am Gesamtvolumen ausmachen. Die Zahlen bedeuten ein Plus von 38 Prozent gegenüber den ersten neun Monaten 2016.

Der chinesische Abstand zum momentan zweitgrößten Elektromobilitäts-Markt USA mit rund 140.000 Neuzulassungen (+ 29 Prozent) ist damit größer geworden. Der größte europäische Markt ist Norwegen mit 43.000 E-Auto-Zulassungen (+33 Prozent) im Berichtszeitraum. Dabei profitieren vor allem chinesische Hersteller vom Boom der Elektromobilität im eigenen Land.

Denn weit über 90 Prozent der Verkäufe in China erzielen BAIC, Zhidou und BYD. Mit ihren Modellen EC, D2 EV und e5 stellen die drei Hersteller die Topmodelle der meistverkauften E-Autos von Januar bis September 2017, mit mehr als 88.000 Einheiten. Unter den 20 meistverkauften Modellen findet sich mit Ausnahme von Tesla kein ausländischer Hersteller.

In den USA erzielt Tesla mit den Modellen S und X einen Marktanteil von über 50 Prozent. Danach folgen mit großem Abstand der Chevrolet Bolt und der Nissan Leaf. In Deutschland hat "Dieselgate" den Elektroauto-Markt angekurbelt. In den ersten neun Monaten 2017 wurden rund 36.800 E-Autos (+116 Prozent) verkauft. Der Marktanteil verdoppelte sich von 0,7 auf 1,4 Prozent.

Die Zahlen wurden in einer Studie des "Center of Automotive Management (CAM)" zusammengestellt. Das CAM analysiert die Markttrends und Produktstrategien der globalen Automobilhersteller regelmäßig. Doch es empfiehlt sich eine kritische Lektüre der vorgelegten Daten. Denn bei genauerem Nachschauen relativieren sich die chinesischen Markterfolge ganz erheblich.

Erstens werden in China auch viele elektrische Kleinfahrzeuge (Autorikschas) verkauft und in die Zulassungsstatistik mit eingerechnet, für die es in Europa und Nordamerika gar keinen Markt gibt. Dies verzerrt den E-Auto-Anteil zugunsten Chinas nach oben. Rechnet man dies heraus, werden pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland ähnlich viele E-Fahrzeuge verkauft.

Zweitens ist es eher verwunderlich, wie wenige E-Fahrzeuge in China trotz hoher Preissubventionen und eines starken politischen Drucks an den Mann und die Frau gebracht werden. Die Attraktivität des Verbrennungsmotors ist aufgrund eines weit besseren Preis-Leistungs-Verhältnisses und attraktiveren Designs von Verbrenner-Fahrzeugen in China ungebrochen.

Drittens liegt der hohe chinesische Marktanteil im eigenen Land vor allem am Preis. Westliche sowie koreanische/japanische E-Autos sind teuer, während chinesische Hersteller recht günstig anbieten. Eine ernsthafte Konkurrenz zu Elektroautos der Industrieländer stellen die chinesischen Modelle bisher aber nicht dar, wenn man Qualität und Sicherheit vergleicht.

Die chinesische Autoindustrie stellt auch noch keine international wettbewerbsfähigen konventionellen Fahrzeuge her. Daran ändert die Einführung von E-Autos bisher wenig. Insgesamt ist daher aus den Zahlen eher eine Beruhigung des "China-Hypes" um Elektromobilität zu erwarten. Denn auch im "Reich der Mitte" wachsen die Bäume – noch – nicht in den Himmel.

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