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14.12.2017
Schweinfurt: Stiftungsunternehmen sind die besseren Kapitalisten!

Veranstaltung der IG Metall am Nikolaustag im Konferenzzentrum Maininsel Schweinfurt mit Beteiligung von Schaeffler Schweinfurt

Von links nach rechts: Norbert Lenhard, Oliver Mauer, Andreas Brand, Norbert Steich (Moderation), Frank Iwer, Peter Kippes

Redebeitrag von Norbert Lenhard, Betriebsrats- und Gesamtbetriebsrats-Vorsitzender von Schaeffler Schweinfurt

Stiftungsunternehmen handeln längerfristig nachhaltiger und weniger renditegetrieben als Aktienkonzerne: Die Logos von ZF, Bosch, Continental, Siemens

Mit hochkarätiger Besetzung fand am 6. Dezember eine Diskussionsveranstaltung der IG Metall Schweinfurt vor fünfzig interessierten Betriebsräten und Vertrauensleuten statt. Unter Leitung des Moderators Norbert Steiche vom Bayrischen Rundfunk sprachen vier Gäste über die Frage: „Wie wirken sich die Eigentumsverhältnisse auf die Arbeitsplätze aus? Sind Stiftungsunternehmen die besseren Kapitalisten?“

Nach der Begrüßung durch Peter Kippes, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, stellte Andreas Brand das Stiftungsmodell ZF vor. Brand ist Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen und in dieser Funktion der Stiftungsvorstand der Zeppelinstiftung. Mit einem Foliensatz präsentierte er seinen Blick auf das Stiftungsmodell, das langfristigen Erfolg über kurzfristige finanzielle Gewinnmaximierung stelle.

Er erläuterte dabei auch, wie wichtig es sei, Rücklagen für schwierige Zeiten zu bilden und dafür gegebenenfalls mehr Gewinnanteile zu hinterlegen. Er verwies hier auf die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand bei der Zahnradfabrik Friedrichshafen/ZF Friedrichshafen AG. Dem Impulsreferat von Andreas Brand folgte eine angeregte Podiumsdiskussion, an der er selbst aktiv teilnahm.

Zusätzlich kamen auf dem Podium Frank Iwer (IG Metall Frankfurt), Oliver Mauer (BR-Vorsitzender Siemens AG Bad Neustadt), Norbert Lenhard (BR-Vorsitzender Schaeffler und Aufsichtsratsmitglied) und Peter Kippes als betriebliche und gewerkschaftliche Arbeitnehmervertreter zu Wort. Anschließend gab es zahlreiche Fragen aus dem Publikum zu den aufgeworfenen Thesen und Argumenten auf dem Podium.

Iwer betonte, dass stiftungs- und inhabergeführte Unternehmen in der Regel längerfristig planen und investieren. Dies sei vorteilhaft für die Beschäftigten: So würden stärker neue Produkte und Arbeitsplätze geschaffen. Auch verfügten die Firmen über eine höhere Stabilität aufgrund des längeren Planungshorizonts. Zudem hätten die Arbeitnehmervertreter konkrete Ansprechpartner und es gebe eher eine „Konsenskultur“.

Ferner seien auch die Renditeziele in Stiftungsunternehmen in der Regel geringer, die Belegschaften würden dadurch weniger „ausgepresst“. Er bestätigte damit einen Beitrag aus dem Publikum, in dem die gemäßigteren Renditevorstellungen von Stiftungsunternehmen (wie ZF Friedrichshafen und Bosch) denen von börsengetriebenen Aktienkonzernen (wie Continental oder Siemens) positiv gegenüber gestellt wurden.

Oliver Mauer führte als Ergänzung dazu aus, dass Siemens einen radikalen Kurswechsel vollzogen habe. Das Topmanagement betreibe seit Jahren eine rein renditegetriebene, kurzatmig am Börsenkurs orientierte Politik. Darunter würden die Beschäftigten leiden, was an den derzeit geplanten Standortschließungen und beabsichtigten -entlassungen sichtbar sei. Das Betriebsklima habe sich dramatisch verschlechtert.

Norbert Lenhard fügte an, dass der Kapitalist erfolgreich am Markt sein muss. Dies sei die Grundvoraussetzung für Beschäftigung, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Dieses erfolgreiche Management war bei FAG ab den 1980er Jahren nicht vorhanden, was beinahe zum Bankrott geführt habe. Daher legen die Arbeitnehmervertreter bei Schaeffler großen Wert auf strategisch schlüssige Konzepte des Managements.

Aus der intensiven Debatte mit den Betriebsräten und Vertrauensleuten zog das Podium das abschließende gemeinsame Fazit, dass Stiftungsunternehmen tendenziell die „besseren Kapitalisten“ aus Sicht der Belegschaften seien. In seinem Schlusswort verwies der Moderator Norbert Steiche dabei auf die soziale Verpflichtung des Eigentums. Sein Gebrauch, heißt es im Grundgesetz, solle zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

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