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10.01.2018
IG Metall: Warnstreikwelle läuft mit Macht an

Die Gewerkschaft ruft bundesweit zu möglichst breiter Beteiligung an den Warnstreiks in aktueller Tarifrunde auf

Warnstreik von über 4.100 Beschäftigten am 09.01.2018 in Schweinfurt

Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der IG Metall, beim Warnstreik am 09.01.2018 in Schweinfurt

Transparent des Vertrauenskörpers von Schaeffler Schweinfurt beim Warnstreik am 09.01.2018

Norbert Lenhard, Betriebs- und Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Schaeffler Schweinfurt am 09.01.2018

Warnstreik bei Continental und Siemens am 10.01.2018 in Regensburg: Ohne Mampf kein Kampf!

Rede des Vertrauenskörper-Leiters von Siemens Regensburg am 10.01.2018

Die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie sind festgefahren. Nun heißt es, Druck machen mit Warnstreiks draußen vor den Toren, damit sich die Arbeitgeber bewegen. Es geht um mehr Geld und um Arbeitszeiten, die zum Leben passen. Und es geht darum, wer über die Arbeitszeiten bestimmt. Läuft alles immer so, wie die Arbeitgeber wollen: immer flexibler, länger und rund um die Uhr? Oder auch mal nach den Bedürfnissen der Beschäftigten und ihrer Familien?

Positionen sind weit auseinander

Tausende Metallerinnen und Metaller haben ihre Verhandlungskommissionen mit Kundgebungen unterstützt. Seite dem 1. Januar 2018 ruft die IG Metall nun flächendeckend in allen Tarifgebieten zu Warnstreiks auf. Die Gewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Geld und einen Anspruch für Beschäftigte, ihre Arbeitszeit bis zu zwei Jahre lang auf bis zu 28 Stunden in der Woche verkürzen zu können. Dazu soll es einen Zuschuss geben, um einen Teil des Lohnverlusts auszugleichen, wenn Beschäftigte Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder zur Erholung von belastenden Arbeitszeiten, etwa Schichtarbeit, kürzertreten.

Die Arbeitgeber bieten lediglich zwei Prozent mehr Geld, und auch nur unter der Bedingung, dass die Arbeitszeiten verlängert werden. 40 Stunden in der Woche und mehr sollen es sein, ohne Zuschläge für Überstunden bitte schön. Dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit verkürzen können, wollen die Arbeitgeber nicht - schon gar nicht mit Zuschuss für Kinder, Pflege und Gesundheit. "Geld fürs Nichtstun" werde es mit ihnen nicht geben. 

Harter Tarifkonflikt steht bevor

In den Medien kündigen die Arbeitgeber die "härteste Tarifrunde der letzten Jahrzehnte" an. Viel zu teuer sei die Lohnforderung der IG Metall. Dies behaupten sie, obwohl die Metall- und Elektroindustrie seit Jahren brummt und Rekordgewinne einfährt. Dass Beschäftigte selbst über ihre Arbeitszeit mitbestimmen können, gehe gar nicht. Sie, die Arbeitgeber, wollen einseitig entscheiden, wann und wie lange gearbeitet wird, am besten rund um die Uhr - immer so, wie es der Markt gerade verlangt.

So ist es in den letzten Jahren gelaufen: Die Arbeitszeiten sind immer flexibler geworden, aber immer so, wie es die Arbeitgeber wollen. Fast zwei Drittel der Beschäftigten machen Überstunden, ein Drittel arbeitet Schicht, immer mehr auch am Wochenende. Ihr Leben muss sich nach ihrer Arbeit richten. Die IG Metall will, dass es auch mal andersherum läuft. Die Beschäftigten wollen Arbeitszeiten, die zu ihrem Leben passen. Das zeigt die Beschäftigtenbefragung der IG Metall. 82 Prozent würden gern ihre Arbeitszeit vorübergehend verkürzen können.

Arbeitszeit muss auch zum Leben passen

Allerdings sagen auch 57 Prozent, dass sie zwar gern kürzer arbeiten würden, sich es aber finanziell nicht leisten können. Daher fordert die IG Metall einen Zuschuss für Beschäftigte, die dringend eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit benötigen. "Die Sorge für Kinder, die Pflege von Familienangehörigen, der Schutz der Gesundheit im Schichtbetrieb - das sind wichtige gesellschaftliche Aufgaben", erklärt der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. "Daran müssen sich die Arbeitgeber beteiligen. Eigentum verpflichtet."

Mit Arbeitszeiten, die zum Leben passen, ließen sich mehr Fachkräfte gewinnen. Das zeigen zahlreiche Studien. Sogar das von den Arbeitgebern finanzierte Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Schluss, dass Arbeitgeber attraktiv sein müssen, um in Zukunft Fachkräfte zu bekommen, indem sie bei den Arbeitszeiten die Bedürfnisse und Lebenssituation der Beschäftigten berücksichtigen. Die Arbeitgeber behaupten, dass sie das längst tun. Ihr Forschungsinstitut, das IW, sagt etwas anderes.

Mehr Fachkräfte durch moderne Arbeitszeiten

Nur acht Prozent der Unternehmen richten die Personalpolitik nach den Lebenssituationen der Mitarbeiter. Das bestätigen die Umfragen der IG Metall: Nur rund ein Zehntel der Betriebe der Metall- und Elektroindustrie bietet Regelungen mit verbindlichen Ansprüchen auf kürzere Arbeitszeiten für Kinder, Pflege und Schichtarbeiter. Die meisten Beschäftigten sind vom Wohlwollen ihrer Chefs abhängig. Die Arbeitgeber jammern über Fachkräftemangel, aber außer "es muss länger gearbeitet werden" fällt ihnen nichts ein.

Die Unternehmen bilden zu wenig aus und nutzen Fachkräfte in der eigenen Belegschaften nicht. Beschäftigte, die sich zum Meister oder Techniker fortbilden, hängen weiter am Montageband. Laut Beschäftigtenbefragung arbeiten 25 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer in der Metallindustrie unter ihrer Qualifikation. Obendrein stecken 1,44 Millionen Teilzeitbeschäftigte in Deutschland in der Teilzeitfalle. Sie würden gerne mehr arbeiten, bekommen jedoch nicht mehr Stunden. Ein Recht auf Rückkehr in Vollzeit, wie es die IG Metall fordert, fehlt. In der Metallindustrie sind 30 Prozent der Teilzeitbeschäftigten davon betroffen.

Mobilisierungsfilm der IG Metall

Die IG Metall hat einen kurzen Film zur Mobilisierung für die Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie erstellt (00:39 Minuten). Er kann sehr gut in den sozialen Netzwerken weiterverbreitet und auch bei betrieblichen Anlässen eingesetzt werden. Auf Facebook ist er zu finden unter https://www.facebook.com/IGMetallBayern/videos/1524424494272069/ . Auf Youtube kann er hier aufgerufen werden: https://www.youtube.com/watch?v=YDHAeh708LY

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