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05.11.2018
Hans-Böckler-Stiftung: Neuer Verteilungsbericht erschienen

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung warnt: Kluft zwischen Arm und Reich steigt in Deutschland ständig an

Die Einkommensverteilung in Deutschland klafft immer weiter auseinander

Die Einkommen in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren polarisiert, und das gleich auf zwei Ebenen: Zum einen ist die Gruppe der mittleren Einkommen geschrumpft, weil der Anteil der Haushalte unter der Armutsgrenze deutlich und der über der statistischen Reichtumsgrenze etwas zugenommen hat. Zum zweiten haben sich Armut und Reichtum verfestigt.

Markanter Anstieg der Armutsquote Verfestigung an den Rändern

Das lässt sich daran ablesen, dass mehr Haushalte über mindestens fünf Jahre hinweg einkommensarm beziehungsweise einkommensreich sind, wobei die Tendenz bei armen Haushalten erneut deutlich ausgeprägter ist. Zudem zeigen sich wesentliche Unterschiede nach Geschlecht und Region: Dauerhafte Armut kommt in Ostdeutschland etwa sechs Mal so häufig vor wie in den alten Bundesländern.

Westdeutsche Männer haben am häufigsten ein dauerhaft hohes Einkommen: Etwa zwei Drittel der Wohlhabenden sind männlich, insgesamt leben 95 Prozent der Einkommensreichen in den alten Bundesländern. Bildung und Vollzeiterwerbstätigkeit sind wesentliche Faktoren, um Armut zu vermeiden und ein höheres Einkommen zu erzielen. Daher müssen soziale Hürden beim Bildungszugang abgebaut und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter verbessert werden. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Klare Schere zwischen West und Ost, Frauen und Männern

Die Stabilität der Gesellschaft habe ihr Fundament im "Gründungsversprechen der deutschen Demokratie, dass sich jede und jeder Kraft eigener Leistung, flankiert von sozial- und bildungspolitischen Maßnahmen, einen Platz in der Mitte der Gesellschaft sichern kann", schreibt WSI-Verteilungsexpertin Dr. Dorothee Spannagel in ihrer Studie, die heute auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt wird. Doch die Realität sehe anders aus, warnt die Forscherin. "Nicht nur geht die Einkommensschere auf, auch die Lebenswelten von Armen, Mittelschicht und Reichen fallen immer weiter auseinander."

Dieser Prozess beschleunige sich, wenn die soziale Mobilität weiter sinke, weil auf die Dauer beispielsweise die soziale Mischung von Wohnvierteln abnehme. "Nur, wenn es gelingt, verfestigte Armut aufzubrechen und zu verhindern, dass sich die Reichen von der Gesellschaft absetzen, gelingt es auch, jene gut integrierte gesellschaftliche Mitte zu erhalten und zu stärken, auf der die Stabilität unserer Demokratie beruht", betont die WSI-Expertin.

*Dorothee Spannagel: Dauerhafte Armut und verfestigter Reichtum. WSI-Verteilungsbericht 2018. WSI-Report Nr.43, November 2018. Zum Herunterladen verfügbar unter https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_43_2018.pdf

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