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05.11.2018
DGB-Rechtsschutz: Anspruch der Arbeitnehmer/innen auf Arbeitslohn erleichtert

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg urteilt, dass die Beweislast vor allem beim Arbeitgeber liegt, wenn er die Bezahlung der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer/innen ablehnt

Meldet ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgelt an, muss er diesen begründen. Er muss sagen, von wann bis wann er gearbeitet hat. Belegen muss er das nicht. Der Arbeitgeber müsste dagegen das Gegenteil beweisen, wenn dem nicht so war. Grundlage dieses Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg ist ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12).

Schutz der Arbeitnehmer/innen im Vordergrund

Prozesse vor den Arbeitsgerichten unterscheiden sich von solchen beim Zivilgericht im Hinblick darauf, wer was darlegen und beweisen muss. Bei den Arbeitsgerichten gilt der Grundsatz der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Auch danach muss ein/e Arbeitnehmer/in zunächst vortragen, an welchem Tag sie von wann bis wann gearbeitet hat. Dazu reicht es nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg allerdings schon aus, dass die in diesem Fall betroffene Arbeitnehmerin nennen wir sie Maria behauptet, "… sie habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen."

Dabei sind die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beachten. So "…kann ein Kraftfahrer, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat." Auf jeden Fall ist die Arbeitnehmerin Maria aber nicht verpflichtet, "konkrete Tätigkeitsangaben" zu machen.

Arbeitgeber kann sich nicht zurücklehnen

Anders als vor dem Landgericht (Zivilgericht) muss der Arbeitgeber sich vor dem Arbeitsgericht mit den Behauptungen der Arbeitnehmerin Maria auseinandersetzen. Er hat deshalb "… im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er zugewiesen hat und ob die klagende Partei den Weisungen nachgekommen ist." Das bedeutet, es reicht nicht, wenn er pauschal behauptet, Maria lüge, weil sie in Wirklichkeit nicht gearbeitet habe. Vielmehr muss er im Einzelnen vortragen, warum er dieser Ansicht ist.

So kann der Arbeitgeber etwa behaupten, er habe Maria während der angeblichen Arbeitszeit im Freibad gesehen. Bestreitet Maria, im Freibad gewesen zu sein, muss der Arbeitgeber seine Behauptung beweisen. Gelingt ihm das nicht, geht das Arbeitsgericht davon aus, dass Maria gearbeitet hat. Reagiert der Arbeitgeber auf Marias Vortrag nicht oder bestreitet er ihn nicht plausibel, gelten die von Maria Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitszeiten als zugestanden. Maria bekommt also die verlangte Vergütung. Das gilt selbst dann, wenn sie nur irrtümlich davon ausgeht, an einem bestimmten Tag gearbeitet zu haben.

Sondersituation Überstunden

Diese Grundsätze gelten, solange es um die Vergütung im Rahmen der normalen Arbeitszeit geht. Verlangt Maria dagegen die Vergütung von Überstunden, gelten andere Regeln. Dies hat das Bundesarbeitsgericht klar gestellt. Zusätzlich zu ihrer Behauptung, an bestimmten Tagen Überstunden geleistet zu haben, muss Maria vortragen, dass der Arbeitgeber Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat. Trägt Maria das vor, muss der Arbeitgeber sich damit ebenfalls auseinandersetzen und im Detail vortragen, was warum an Marias Behauptungen nicht stimmt. Auch hier greift gegebenenfalls die "Zugeständnisfiktion" ein.

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