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22.11.2018
Schweinfurt: Veranstaltung zu "100 Jahren Betriebsräte"

Lebhafte Diskussion über Geschichte und aktuelle Aufgaben von gewerkschaftlicher Betriebsarbeit – Schaeffler-Betriebsratsvorsitzender Norbert Lenhard als Moderator und Organisator

Wesentliche Errungenschaften der Revolution 1918/1919 auf einen Blick

Klaus Hofmann stellte anhand von Dokumenten die Geschichte der Betriebsräte in Schweinfurt dar

Sebastian Schierling, Jürgen Wechsler, Norbert Lenhard, Klaus Hofmann (von links nach rechts)

Anlässlich der Novemberrevolution 1918 und der damit verbundenen Einführung von Betriebsräten in Deutschland fand 100 Jahre später – am 14.11.2018 – eine Rückschau im Schweinfurter Kulturzentrum "Disharmonie" statt. Zunächst berichtete Klaus Hofmann, langjähriger freigestellter Betriebsrat bei Schaeffler Schweinfurt, über die Anfänge der Betriebsräte in Schweinfurt.

Als Erfolg der Revolution, die auch in Schweinfurt von den demokratischen Arbeiter- und Soldatenräten getragen wurde, entstand der Freistaat Bayern und die Wittelsbacher-Monarchie wurde durch die Republik ersetzt. Wichtige Errungenschaften der Revolution waren die Einführung der Demokratie mit dem freien, allgemeinen, direkten und geheimen Wahlrecht, das Frauenwahlrecht, die Anerkennung von Flächentarifverträgen und Sozialpartnerschaft sowie der Acht-Stunden-Arbeitstag.

1920 wurde dann durch das Betriebsrätegesetz die rechtliche Voraussetzung für flächendeckende, verpflichtende demokratische Betriebsratswahlen eingeführt und die Rechte der Betriebsräte gesetzlich festgelegt. Anhand von Archivfunden zeigte Klaus Hofmann die damaligen Themen und das konkrete Wirken der Betriebsräte auf. Sein geschichtlicher Bogen spann sich vom Ersten Weltkrieg bis zur Zeit des Nationalsozialismus.

1933 wurden zunächst am 2. Mai die freien Gewerkschaften und Betriebsräte durch die gleichgeschalteten nationalsozialistischen Massenorganisationen ersetzt. Eine Vertretung der Arbeitnehmerinteressen war damit auch in Schweinfurter Betrieben nicht mehr möglich. Stattdessen herrschte das faschistische Prinzip von Führer und Gefolgschaft. Erst mit der Niederlage der Hitlerdiktatur 1945 konnten dann wieder freie Gewerkschaften und Betriebsräte entstehen.

Mit hochkarätiger Besetzung fand anschließend eine Podiumsdiskussion über Herausforderungen der gewerkschaftlichen Betriebsarbeit statt. Es debattierten Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der IG Metall Bayern bis Oktober 2018, und Sebastian Schierling, Betriebsratsvorsitzender der Bosch Rexroth AG in Schweinfurt. Die Moderation übernahm Norbert Lenhard, Betriebsrats-, Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzender der Schaeffler AG in Schweinfurt.

Auch das Publikum, in dem sich zahlreiche Beschäftigte insbesondere aus den Schweinfurter Großbetrieben wie Schaeffler, SKF, Bosch Rexroth oder ZF versammelt hatten, diskutierte interessiert mit. Als wichtige Themen kristallisierten sich die Durchsetzung von mehr Arbeitszeitflexibilität für die Beschäftigten, der Kampf gegen prekäre Arbeit und Standortverlagerung im Rahmen der Globalisierung sowie die aktive Gestaltung der Transformation heraus.

Unter der "Transformation" wird der aktuelle Strukturwandel in der (Automobil-)Industrie zusammengefasst. Trends wie Digitalisierung, Industrie 4.0, Elektromobilität prägen die Branche und erfordern teilweise drastische Anpassungen der Produkte, Geschäftsmodelle und Arbeitsweise ("Arbeiten 4.0"). Einigkeit bestand darin, dass Betriebsräte und Gewerkschaften sich stärker auch politisch einmischen müssen, weil die Politik einen enormen Einfluss auf die zukünftige Arbeitswelt nehmen kann – im Positiven wie im Negativen.

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