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26.11.2018
Gesamt- und Konzernbetriebsrat: Industrie 4.0 mitgestalten!

IG Metall-Tagesveranstaltung zu Auswirkungen der Digitalisierung in Betrieben und Gesellschaft am 20. November 2018

Mehrere Dutzend Interessenvertreter/innen nahmen an der Tagung beim IG Metall-Vorstand in Frankfurt am Main teil

Das Fazit von Prof. Dr. Joachim Müller war klar: Je anspruchsvoller die Aufgaben der Beschäftigten sind, desto sicherer ist der Arbeitsplatz

Caspar In der aktuellen Transformation der Automobilindustrie bringen sich die Betriebsräte mit ihren Gewerkschaften energisch ein. Denn im Wandel dürfen die Beschäftigten und ihr Interesse nach sicheren Arbeitsplätzen und guten Arbeitsbedingungen nicht auf der Strecke bleiben.

Das Ressort "Zukunft der Arbeit" beim IG Metall-Vorstand lädt in regelmäßigen Abständen Betriebsräte der vom digitalen Wandel betroffenen Unternehmen und hauptamtliche Gewerkschafter/innen zu Treffen nach Frankfurt am Main ein. Bei diesen Tagesveranstaltungen des "Netzwerks Industrie 4.0" werden die Trends der Digitalisierung und die Auswirkungen auf die Beschäftigten sowie auf die gewerkschaftliche Betriebsarbeit diskutiert.

Außerdem werden mögliche gemeinsame Initiativen für gute Arbeit in der "schönen neuen Arbeitswelt" debattiert und man tauscht sich über betriebliche Ansätze zur Gestaltung von "Arbeiten 4.0" aus. Ein Beispiel dafür ist die Zukunftsvereinbarung bei Schaeffler, mit der Vorstand, Betriebsräte und IG Metall gemeinsam die Transformation gestalten wollen. Ein weiteres Beispiel sind gewerkschaftliche Initiativen gegenüber der Politik, wie etwa bei der Diesel-Diskussion.

Beim aktuellen IG Metall-Netzwerktreffen "Industrie 4.0" am 20. November 2018 präsentierte zunächst Prof. Dr. Joachim Möller, der langjährige Forschungsdirektor des Instituts für Arbeit und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, sein Referat "Arbeiten 4.0 – Verheißung oder Bedrohung?". Sein Fazit lautete: Je anspruchsvoller die Arbeitsaufgaben sind, desto sicherer ist die dahinter stehende Stelle, denn umso unwahrscheinlicher ist eine Wegrationalisierung der Aufgaben.

Umgekehrt ausgedrückt: Je niedriger die benötigte Qualifikation für eine berufliche Aufgabe ist, desto eher ist die dahinter stehende Arbeitsstelle durch den digitalen Wandel von der Wegrationalisierung bedroht. In der Diskussion wurde deutlich, dass der Vortrag des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Möller die Erfahrungen der Arbeitnehmervertreter/innen bestätigt hatte: Nur wer sich wandelt, kann bestehen – und dafür werden vor allem Bildungsmöglichkeiten benötigt.

In der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit werden ehren- und hauptamtlichen Metaller/innen deshalb einen noch höheren Wert auf mehr berufliche Qualifizierung gerade für die geringer qualifizierten Beschäftigten legen. Danach präsentierte Prof. Dr. Caspar Hirschi von der Universität St. Gallen über eine Skype-Liveschaltung seinen Foliensatz "Die Automatisierung der Angst". Der Historiker machte in seinem Vortrag anhand vieler Beispiele klar, dass die Zukunft offen und somit gestaltbar ist.

Die Technik an sich bestimmt nicht über ihren Einsatz, sondern dies tun stets Menschen. Die Digitalisierung könne etwa zum gläsernen Mitarbeiter und zu seiner "Fernsteuerung" durch Roboter, zur umfassenden Überwachung der Gesellschaft, zum Arbeiten "rund um die Uhr" ohne jede Entgrenzung, zum Ersatz menschlicher Arbeit durch Maschinen führen. Sie könne aber auch zur Humanisierung der Arbeitswelt genutzt werden, etwa zur Entlastung der Menschen von belastender Arbeit.

Die Gesellschaft – insbesondere auch die Gewerkschaften – sollten sich in die oft rein technischen und betriebswirtschaftlich geprägten Diskussionen über Digitalisierung und Arbeiten 4.0 einmischen. Die anwesenden Interessenvertreter/innen fühlten sich in ihrem Engagement für eine betriebliche und gesellschaftliche Debatte über "Arbeiten 4.0" bestärkt. Die IG Metall-Betriebsräte betonten, dass sie sich stärker in die Politik einmischen wollten. "Arbeiten 4.0" müsse politisch gestaltet werden.

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