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12.12.2018
Hans-Böckler-Stiftung: Tarifentgelte steigen 2018 um 3,0 Prozent

Industriebeschäftigte in Deutschland haben wesentlich mehr im Geldbeutel – Reallohnzuwächse seit 1991 außerhalb der deutschen Industrie aber nur sehr bescheiden

Grafik 1: Entgeltsteigerungen im Jahr 2018 (Quelle: Hans-Böckler-Stiftung)

Grafik 2: Tarifentgeltentwicklung von 1991 bis 2012 im Vergleich (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)

Grafik 3: Tarifentgeltentwicklung in der Metall- und Elektroindustrie 2000-2017 (Quelle: IG Metall)

Die Tariflöhne steigen im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 3,0 Prozent. Dies ergibt sich aus der vorläufigen Jahresbilanz, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute im Rahmen der WSI-Tariftagung 2018 in Düsseldorf vorstellt.

Die Tariferhöhungen fallen insgesamt deutlich stärker aus als in den beiden Vorjahren, in denen die Tarifvergütungen um jeweils 2,4 Prozent zunahmen. Bei einem zu erwartenden durchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise von 1,9 Prozent ergibt sich demnach ein Reallohnzuwachs von voraussichtlich 1,1 Prozent.

„Die Tarifrunde 2018 hat insgesamt zu kräftigen Lohnerhöhungen geführt“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Im Durchschnitt gibt es also spürbare Reallohnzuwächse. Diese stützen die Binnennachfrage, welche die deutsche Wirtschaft in einer schwierigen weltwirtschaftlichen Situation bislang auf Wachstumskurs hält.“ Die Mehrzahl der Tarifabschlüsse hat eine mehrjährige Laufzeit und sieht weitere Tariferhöhungen für das Jahr 2019 vor, die sich mehrheitlich zwischen 2,0 und 3,6 Prozent bewegen.

In der Tarifrunde 2018 spielten in zahlreichen Branchen neben den Entgelterhöhungen auch Fragen der tarifvertraglichen Arbeitszeitgestaltung wieder eine zunehmende Rolle. Hierzu gehören neue Möglichkeiten der individuellen Arbeitszeitverkürzung sowie Wahloptionen, bei denen die Beschäftigten zwischen mehr Geld oder zusätzlichen freien Tagen wählen können. Entsprechende Vereinbarungen wurden z. B. in der Metall- und Elektroindustrie oder bei der Deutschen Post AG vereinbart.

In der chemischen Industrie verpflichteten sich die Tarifvertragsparteien, in den nächsten Monaten gemeinsam nach neuen Möglichkeiten der individuellen Arbeitszeitgestaltung zu suchen. Nach Analyse des Tarifexperten Schulten hat „die Tarifrunde 2018 insgesamt eine Renaissance der tariflichen Arbeitszeitpolitik eingeleitet, die sich auch in den zukünftigen Tarifrunden weiter fortsetzen wird.“

Führten die Entgeltsteigerungen 2018 – auch über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet – zu Steigerungen der Einkommen und der Vermögen? Dies gilt nur für die Industrie. Die IG Metall, aber auch die IG BCE (Bergbau-Chemie-Energie) konnten für den Zeitraum seit der deutschen Einheit deutliche Reallohnsteigerungen durchsetzen. In der Gesamtwirtschaft jedoch führten Entgelterhöhungen kaum zu einem Anwachsen der verfügbaren Einkommen.

Dies liegt an den geringen Lohn- und Gehaltssteigerungen im Öffentlichen Dienst und bei privaten Dienstleistungen. Dadurch hatten die Deutschen 2017 kaufbereinigt im Schnitt gerade einmal fünf Prozent mehr Geld im Portemonnaie als noch im Jahr 1991. Diese Entwicklung zeigen die Grafiken 2 und 3 für die Metall- und Elektroindustrie und die Gesamtwirtschaft auf.

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