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16.07.2019
IG Metall Bayern: Bürgermedaille Nürnberg für Jürgen Wechsler

Am heutigen 16. Juli 2019 erhält der langjährige Bezirksleiter der IG Metall Bayern und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Schaeffler die Auszeichnung der Stadt Nürnberg

Jürgen Wechsler bei seiner Dankesrede

Ulrich Maly (Oberbürgermeister von Nürnberg), Jürgen Wechsler

Die Stadt Nürnberg schreibt:

In nichtöffentlicher Sitzung entschied der Nürnberger Stadtrat am 26. Juni 2019 über die diesjährige Verleihung der Bürgermedaille der Stadt Nürnberg. Nach Vorschlägen des Oberbürgermeisters und der Fraktionen ehrt die Stadt Nürnberg heuer folgende Bürger mit ihrer zweithöchsten Auszeichnung:

- Gisela Hoffmann
- Gerhard Schmelzer
- Roland Straub
- Jürgen Wechsler

Die Verleihung der Bürgermedaille findet in einer festlichen Sondersitzung des Ältestenrats am Stadtgründungstag, Dienstag, 16. Juli 2019, statt. Mit der Bürgermedaille der Stadt Nürnberg werden seit 1960 Nürnberger Bürgerinnen und Bürger geehrt, die sich besondere Verdienste um die Stadt Nürnberg erworben haben. Sie ist aus Gold und hat die Form einer Münze. Auf der Vorderseite ist das große Nürnberger Stadtwappen mit der Umschrift „Stadt Nürnberg“ eingeprägt, auf der Rückseite der Name der oder des Geehrten mit den Worten „Für hervorragende Verdienste“. Bislang wurden 215 Personen mit der Bürgermedaille ausgezeichnet. [...]

Jürgen Wechsler
Jürgen Wechsler hat sich als Gewerkschafter der IG Metall aktiv für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Stadt eingesetzt. Seine herausragenden gewerkschaftlichen Verdienste, insbesondere bei dem deutschlandweit beachteten Streik im Zuge der Schließung des ehemaligen Nürnberger Traditionsunternehmens AEG im Jahr 2005/2006, verdienen eine besondere Anerkennung.

Jürgen Wechsler wurde am 26. November 1955 in Schwanstetten geboren und wuchs dort auf. Nach dem Schulbesuch absolvierte er von 1971 bis 1974 eine Ausbildung als Mechaniker bei Siemens. Schon 1972 trat er der IG Metall bei und war dort als Jugendvertreter im Ortsjugendausschuss aktiv. Von 1974 bis 1989 arbeitete Jürgen Wechsler als Facharbeiter im Siemens-Trafowerk in Nürnberg. Ab 1978 war er Betriebsratsmitglied, ab 1984 freigestellter Betriebsrat. Ab 1986 war er bereits Mitglied in der wichtigen Tarif- und Verhandlungskommission der Metall- und Elektroindustrie Bayern sowie in der ERA-(Entgeltrahmen-) Verhandlungskommission.

Ab 1989 widmete der Mittelfranke sein Leben ganz der Gewerkschaft, zunächst als Gewerkschaftssekretär in der Verwaltungsstelle Nürnberg. Von Anfang an trieb Jürgen Wechsler ein Thema um: dass Beschäftigte beim wirtschaftlichen Wandel nicht unter die Räder kommen. Den Wandel bekam er immer wieder hautnah mit. 1990/91, kurz nach der Wiedervereinigung, half er beim Aufbau der Verwaltungsstelle Döbeln/Grimma in Sachsen. 1992 wurde Wechsler 2. Bevollmächtigter der Verwaltungsstelle in Nürnberg und blieb dies 16 Jahre lang. Er kämpfte von Anfang an mit dem massiven Arbeitsplatzabbau in der Region.

Besonders ins kollektive Gedächtnis der Stadt eingegraben hat sich dabei der Kampf um den Erhalt des AEG-Stammwerks Ende 2005. Als Streikleiter rang Jürgen Wechsler Anfang 2006 dort zwölf Wochen mit dem Unternehmen um einen Sozialtarifvertrag. Der schwedische Electrolux-Mutterkonzern hatte entschieden, den deutschen Standort aufzugeben und die Produktion ins kostengünstigere Ausland zu verlagern. Was folgte, waren zähe und komplizierte Verhandlungen und ein legendärer sechseinhalbwöchiger Streik mitten im Winter. Auch wenn sich die Schließung für das Hausgerätewerk mit rund 1.700 Beschäftigten nicht verhindern ließ: Jürgen Wechsler und die IG Metall konnten zusammen mit dem Betriebsratsvorsitzenden Harald Dix ansehnliche Abfindungen und Übergangsregelungen für ältere Beschäftigte durchsetzen.

Zudem sollten die Beschäftigten nach Verlust ihres Arbeitsplatzes für weitere zwölf Monate in einer Beschäftigungsgesellschaft unterkommen. Für viele war der Kampf um AEG auch ein Sinnbild für einen rücksichtslosen Kapitalismus, der scheinbar über das Schicksal von Tausenden von Menschen einfach hinweggeht. Groß war die Welle der Solidarität in Nürnberg, viele Tausende beteiligten sich an den Aufrufen zu Demos und Solidaritätskundgebungen.

Der Wert der Solidarität ist auch für Jürgen Wechsler ein zentrales Anliegen. Und er zeigte immer wieder, dass eine starke Gewerkschaft mit einer guten Basis in den Betrieben etwas erreichen kann. 2008 wurde Wechsler 1. Bevollmächtigter der IG Metall Nürnberg, nur zwei Jahre später stieg er zum Bezirksleiter in Bayern auf. 2013 verhandelte er in Bayern den Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie. 2018 führte Jürgen Wechsler den IG-Metall-Bezirk Bayern durch eine wegweisende Tarifrunde: Neben starken Entgelterhöhungen brachte diese auch neue Arbeitszeitmodelle für die Beschäftigten.

Im Juli 2018 konnte Jürgen Wechsler zusammen mit Staatsregierung, Unternehmen und Betriebsräten den Bayerischen Autopakt unterschreiben, für den sich die IG Metall lange eingesetzt hatte. Mit dem Pakt vereinbaren die Unterzeichner, neue Technologien zu forcieren, möglichst viel Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort zu erhalten und die Weiterbildung der Beschäftigten zu verstärken. Dass dies gerade für die Region Nürnberg wichtig ist, hat auch Wechsler stets betont: Die größten Herausforderungen sieht er in diesem Zusammenhang bei den Zulieferern, insbesondere bei kleinen und mittelständischen, die sich auf nur ein Produkt für Verbrennungsmotoren spezialisiert haben. In Nürnberg und der Region gibt es sehr viele solcher Zulieferer.

Für das Modell eines solidarischen Sozialstaats setzte Jürgen Wechsler sich auch als Mitglied des Verwaltungsausschusses des Arbeitsamts Nürnberg und im Verwaltungsrat der AOK Bayern ein. Solidarität bedeutet für ihn, dass die Jungen für die Alten kämpfen, die Starken für die Schwachen da sind, die Gesunden für die Kranken, und die, die viel verdienen auch da sind für die, die wenig verdienen. Er kämpft für Gerechtigkeit, Integration und die Würde der Menschen.

Mit seinem langjährigen, engagierten Kampf für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Nürnberg und Bayern hat Jürgen Wechsler sich sehr um die Stadt Nürnberg und ihre Bürgerinnen und Bürger verdient gemacht.

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