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25.06.2019
Wissenschaftszentrum Berlin: Zuwanderung erfolgt stark in arme Stadtviertel

Die soziale Spaltung nimmt in vielen deutschen Städten weiter zu – Verschärft wurde diese Entwicklung durch den Zuzug von Einwanderern

Das Untersuchungsergebnis ist eindeutig: Zwischen 2014 und 2017 ist Zuwanderung in Deutschland zum großen Teil in jene Stadtviertel erfolgt, wo arme Menschen leben. Das hat der Soziologe Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung herausgefunden.

Zuwanderung verschärft soziale Spaltung der Städte

Und dieses Ergebnis – auch wenn vorhersehbar – hat Sprengkraft, denn: Die in manchen Vierteln ohnehin bereits vorhandene soziale Spaltung nimmt noch weiter zu. „In einigen Städten“, sagt der Soziologe, „sehen wir sogar Armutsquoten bei Kindern von über 70 Prozent. Das Untersuchungsergebnis war insgesamt wenig überraschend, da die Zuwanderung in die armen Stadtviertel grundlegenden Marktmechanismen folgt.“

Helbig erklärt weiter: „Da, wo die Armen wohnen, ist Wohnraum günstig und für Zuwanderer leistbar. Immerhin sind die Zuwanderer im Allgemeinen auch nur 'Arme' ohne deutschen Pass. Insgesamt sind die Entwicklungsbedingungen in Gebieten, wo sich viele Arme ballen, schlechter.“ Dabei unterscheide sich der Osten nicht grundlegend vom Westen: „Auch hier gibt es teilweise hohe Leerstände in den sozial benachteiligten Gebieten, in die viele Ausländer zuwanderten.“

Der Soziologe betont: „Insgesamt sehen wir bei der wohnräumlichen Integration von Zuwanderern nicht nur Ost-West-Unterschiede, sondern immer mehr Nord-Süd-Unterschiede. Gerade die Städte, in denen sich Armut in einigen Stadtvierteln bereits stark verfestigt hatte, kommt die Aufnahme von vielen Zuwanderern hinzu. Dies führt auch dazu, dass gerade die finanziell wenig handlungsfähigen Kommunen die größten Integrationsaufgaben an den sozialen Rändern der Städte zu tragen haben.“ Obwohl hier ein brandgefährlicher sozialer Konflikt droht, haben Medien die Studie, wie Helbig berichtet, bisher nahezu komplett ignoriert.

Welche Möglichkeiten gibt es, um der sozialen Spaltung entgegenzuwirken?

Helbig stellt fest: „Im Allgemeinen müssen die Marktmechanismen beschränkt werden. Dies kann durch Sozialwohnungen und Belegungsrechte in 'besseren' Wohngegenden erreicht werden. Auf der anderen Seite würde dadurch Wohnraum in diesen Vierteln entzogen werden. Die Folge wären steigende Mieten für frei handelbaren Wohnraum. Dies würde wiederum die Mittelschicht spüren. Die zweite Möglichkeit wäre es, mehr Mittelschichtsfamilien in sozial benachteiligte Gebiete zu bekommen. Bei über 50, oder gar, wie angeführt, 70 Prozent Kinderarmut in einigen Stadtvierteln werden sich dies viele Familien aber dreimal überlegen.“

„Um kurzfristig etwas zu tun, muss es zu einer verstärkten Förderung dieser Stadtteile kommen. Dies kann über herausragende Schulausstattung in den benachteiligten Gebieten, über Quartiersmanagement, über Sozialarbeiter geschehen. Da gerade die ärmeren Kommunen stark von dem Problem betroffen sind, lässt mich allerdings daran zweifeln, dass diese Maßnahmen gerade dort ausreichend finanziert werden können. Wir dürfen beim Problem sogenannter Brennpunktviertel die Kommunen nicht alleinlassen.“

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