Startseite
29.10.2019
DGB Bayern: Tarifbindung muss gestärkt werden

Gewerkschaftsdachverband setzt sich für Durchsetzung von Tarifverträgen ein – DGB sieht Tarifbindung als zentral für soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliches Wachstum

In der aktuellen Ausgabe der Zeitung "Streitzeit" schreibt der DGB Bayern:

Vermögen sind in Deutschland extrem ungleich verteilt: Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung verfügen über fast zwei Drittel (64 Prozent) des gesamten Nettovermögens. 30 Prozent der Bevölkerung haben so gut wie gar kein Vermögen oder sogar Schulden. Diese Spaltung in oben und unten muss dringend angegangen werden. Das für abhängig Beschäftigte zentrale Instrument gegen die Einkommensungleichheit ist eine allgemeine, hohe Tarifbindung.

Tarifverträge werden aufgekündigt

Tarifverträge regeln die wesentlichen Grundlagen eines Arbeitsverhältnisses wie Gehalt, Arbeitszeit, betriebliche Altersversorgung oder Weihnachts- und Urlaubsgeld. Jahrzehntelang waren sich Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in Bayern einig, dass eine hohe Tarifbindung in Branchen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle schafft. Doch dieser Konsens wurde von Arbeitgebern und ihren Verbänden seit den 1990er Jahren nach und nach aufgekündigt.

Immer mehr Arbeitgeber zogen sich aus Tarifverträgen zurück oder gründeten Verbände ohne Tarifvertrag. Hintergrund ist die nach wie vor vorherrschende Ideologie des Neoliberalismus: Weg mit den Regulierungen für Unternehmen, Konkurrenzvorteile um jeden Preis (Schmutzkonkurrenz eingeschlossen) und alles den Kräften des Marktes überlassen. Doch das hat Folgen, die Tarifbindung ging drastisch zurück. Zu Lasten der Beschäftigten.

Vorteil Tarifvertrag

Wer mit einem Tarifvertrag arbeitet, hat es besser: Das Gesetz sieht 24 Werktage Urlaub vor, mit Tarifverträgen sind es oft bis zu 30 Tage. Gesetzlich gibt es keinen Anspruch auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld, mit einem Tarifvertrag gibt es je nach Branche anteilig einen Prozentsatz eines Monatsgehaltes oder einen Fixbetrag. Die Arbeitszeit umfasst gesetzlich 48 Wochenstunden, in tarifgebundenen Unternehmen arbeiten Beschäftigte zwischen 34 und 40 Wochenstunden. Und Beschäftigte mit Tarifvertrag haben einen deutlich höheren Verdienst als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne tarifvertragliche Regelung.

Jetzt anpacken

Wer mehr und bessere Tarifverträge will, muss sich engagieren, Gewerkschaftsmitglied werden und Betriebe in die Tarifbindung (zurück-)bringen. Von nichts kommt nichts! Darüber hinaus braucht es aber auch politische Entscheidungen, die Tarifbindung wieder anzuheben. Zum einen müssen die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um mehr Tarifverträge für Unternehmen verpflichtend zu machen! Zum anderen ist die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen so zu erweitern, dass sich in einer Branche alle an Tarifverträge halten müssen. Und Unternehmen, die keine Tarifverträge haben, dürfen bei öffentlicher Auftragsvergabe nicht berücksichtigt werden! Das muss über ein bayerisches Vergabegesetz geregelt werden. Es gibt also viel zu tun. Nicht zuletzt deshalb ist „Tarifbindung“ das aktuelle Schwerpunktthema des Zukunftsdialoges „Reden wir über…“ – auch für den DGB Bayern und seine Gewerkschaften.

DGB: Daherreden und dahinterstehen!

Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger redet gerne einfach mal so daher. Erst jüngst wieder, als er meinte, jeder anständige Bayer und jede Bayerin solle ein Messer bei sich führen, so wäre Bayern sicherer. Angebracht wäre es, wenn Aiwanger seinen Job als Wirtschaftsminister endlich ernst nehmen und sich mit den Bedingungen des Wirtschaftens und denen der Beschäftigten auseinandersetzen würde.

Er könnte sich, nur so als Beispiel, der zunehmenden Flucht aus den Tarifverträgen annehmen. Oder der öffentlichen Auftragsvergabe. Immerhin haben die Freien Wähler vor der Wahl ein Vergabegesetz gefordert und sind nach der Landtagswahl eingeknickt. Dahinterstehen geht anders. Kleiner Tipp an Aiwanger: Statt eines Messers braucht jede Bayerin und jeder Bayer einen Tarifvertrag für gute Arbeit und ein besseres Leben. Dafür zu sorgen, ist eine Aufgabe für einen bayerischen Minister.

Druckansicht