Startseite
11.12.2019
Aufsichtsrat: „Transformation braucht Aufsicht“

Im März 2020 werden die Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrates gewählt. Jürgen Wechsler und Salvatore Vicari erklären, was der Aufsichtsrat tut und welche Herausforderungen anstehen.

Jürgen Wechsler, IG Metall-Bezirksleitung Bayern und stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender, und Salvatore Vicari, Betriebsratsvorsitzender des Schaeffler-Standortes Homburg (rechts), sprechen über die Arbeit des Aufsichtsrates

Schaeffler befindet sich mitten in einem Transformationsprozess, unter anderem hervorgerufen durch Veränderungen in der Mobilität und dem Wandel hin zur digitalen Arbeitswelt. Die Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrates stehen für eine Gestaltung des Wandels und der bevorstehenden Herausforderungen im Sinne der Arbeitnehmer von Schaeffler in Deutschland. Im März 2020 finden die turnusmäßigen Wahlen dieser AR-Mitglieder in Herzogenaurach statt. Schaeffler TODAY sprach mit den beiden Gründungsmitgliedern des Aufsichtsrats, Jürgen Wechsler, IG Metall-Bezirksleitung Bayern und stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender, und Salvatore Vicari, Betriebsratsvorsitzender des Schaeffler-Standortes Homburg.

HERZOGENAURACH: Der Aufsichtsrat der Schaeffler AG wurde 2010 gegründet und besteht aus 20 Personen. Das Mitbestimmungsgesetz regelt, dass zehn Aufsichtsräte auf Vorschlag der Gesellschafter durch die Aktionärsversammlung gewählt werden, zehn Aufsichtsräte werden von den Arbeitnehmern gewählt – inklusive drei hauptamtlichen Vertretern der IG Metall. Durch diese Konstellation sollen die unterschiedlichen Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgeglichen werden.

Frage: Welche Aufgaben übernimmt der Aufsichtsrat und was waren im Rückblick die größten Herausforderungen der vergangenen neun Jahre?

Jürgen Wechsler: Zum einen ist der Aufsichtsrat laut Gesetz das oberste Kontrollgremium einer Kapitalgesellschaft. Er kontrolliert die Entscheidungen und Tätigkeiten des Vorstandes, prüft und stimmt dem Jahresabschluss zu und entscheidet über die Ernennung von Vorstandsmitgliedern. In den vergangenen Jahren wurde ja fast der gesamte Vorstand neu besetzt. Zum anderen haben wir die strategische Ausrichtung von Schaeffler verabschiedet, inklusive relevanter Unternehmenszukäufe. Wir haben uns über die weitere Entschuldung von Schaeffler verständigt, die nicht zu Lasten der Arbeitnehmer gehen darf, und die Tarifbindung der Schaeffler-Standorte vorangetrieben, die zurzeit bei über 90 Prozent liegt.

Frage: Wie ist die Arbeit des Aufsichtsrates organisiert und was sind für Schaeffler die Herausforderungen der Zukunft?

Salvatore Vicari: Der Aufsichtsrat von Schaeffler hat eine weitreichende Geschäftsordnung verabschiedet und die Arbeit zum Teil in Ausschüssen organisiert. Im Prüfungsausschuss werden unter anderem der Jahresabschluss und die vereinbarten Kennzahlen kontrolliert, oder im Technologieausschuss werden die richtigen Antworten hinsichtlich der Fragen der Zukunft erarbeitet. Die Arbeitnehmervertreter sind hochqualifiziert, übernehmen Verantwortung und treffen weitreichende Entscheidungen, wobei sie auch persönlich in der Haftung stehen. Dennoch blicke ich zwiegespalten in die Zukunft, wenn ich an die Herausforderungen durch den Mobilitätswandel und die sich verändernde Technologisierung denke. Meiner Meinung nach braucht der Wandel Zeit. Schaeffler arbeitet intensiv daran, auch mit einer jährlichen Strategietagung des Aufsichtsrates. Mit der Zukunftsvereinbarung wurde 2018 ein Meilenstein erarbeitet, der von der Arbeitgeberseite mit der IG Metall und dem Gesamt- und Konzernbetriebsrat vereinbart wurde.

Jürgen Wechsler: Die Zukunftsvereinbarung ist aus Sicht der Arbeitnehmer eine sehr bedeutende Vereinbarung und ein Bekenntnis zum Industriestandort Deutschland und zur Mitbestimmung. Sie wird von vielen Unternehmen und der Politik als Benchmark in Deutschland betrachtet. In ihr ist die Stärkung der deutschen Standorte geregelt, die Bereitstellung von 50 Millionen Euro für den Innovationsfonds festgehalten und die Basis für weitere Vereinbarungen zur Qualifizierung der Arbeitnehmer und Auszubildenden vereinbart. So können beispielsweise Innovationen vorangetrieben werden.

Frage: Warum ist die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat für die Zukunft weiterhin wichtig?

Jürgen Wechsler: Die Herausforderungen der Zukunft, die bevorstehenden technologischen Veränderungen und der Umbau von Schaeffler auch zu einem Zulieferer für alternative Antriebstechnologien, bedürfen der gemeinsamen Anstrengung von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern im Aufsichtsrat und auch auf allen anderen Ebenen.

Salvatore Vicari: Wir Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat setzen uns unter anderem für die Stärkung der deutschen Standorte ein, sprechen uns gegen betriebsbedingte Kündigungen aus und setzen auf nachhaltiges sowie profitables Wachstum. Dies ist nur durch solidarische Kolleginnen und Kollegen an allen Standorten und eine gemeinsam agierende arbeitnehmerseitige Interessenvertretung möglich – denn Transformation braucht Aufsicht.

Druckansicht