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31.01.2020
Schweinfurt: 100 Jahre Demokratie im Betrieb

Erfahrungen des Kugelfischer-/Schaeffler-Betriebsrats in Schweinfurt mit rund 100 Jahren Mitbestimmung

• Am 4. Februar besteht das Betriebsverfassungsgesetz 100 Jahre, damals noch unter dem Begriff Betriebsrätegesetz

• Der Betriebsrat von Schaeffler Schweinfurt gibt aus diesem Anlass eine Broschüre auf Grundlage von sechs Protokollbüchern des Kugelfischer-Betriebsrats aus den Jahren 1919 bis 1934 heraus

• In den Protokollen wird der lange Kampf für betriebliche Demokratie von der Betriebsratsgründung 1919 bis zur Auflösung durch die nationalsozialistische Diktatur dargestellt

Schweinfurt, den 31.01.2020 – Am 4. Februar besteht das Betriebsverfassungsgesetz seit 100 Jahren. Es wurde 1920 unter dem Begriff „Betriebsrätegesetz“ vom Reichstag verabschiedet und ist ein Erfolg der demokratischen Novemberrevolution 1918. Das erste Protokoll des Betriebsrates von Kugelfischer datiert auf den 22. Mai 1919. Aus Anlass der Gründung des Betriebsrates bei der damaligen Kugelfischer gibt der Betriebsrat von Schaeffler nun eine 20-seitige Broschüre heraus.

Für die Veröffentlichung wurden sechs Protokollbücher des Kugelfischer-Betriebsrats Schweinfurt von 1919 bis 1934 ausgewertet. Sie liegen im Schaeffler-Archiv in Schweinfurt und enthalten zahlreiche Diskussionen und Beschlüsse. Die Themenspanne reicht von der Mangelverwaltung an Kohle und Lebensmitteln bis hin zur Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Protokolle berichten authentisch vom ständigen Ringen mit dem Unternehmen um betriebliche Demokratie.

Die örtliche Gründung von Betriebsräten beruht auf einer Bewegung im gesamten Deutschen Reich. Die Gewerkschaften und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hatten die Kriegspolitik des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg unterstützt. Unabhängige Sozialdemokraten (USPD) – in Schweinfurt Fritz Soldmann – hatten sich deshalb von der SPD abgespalten und gegen diese sogenannte „Burgfriedenspolitik“ mit Streiks opponiert. Aus dieser Protestbewegung entstanden „Arbeiter- und Soldatenräte“, so auch in Schweinfurt am 8. November 1918.

Nachdem im Dezember 1918 der Reichsrätekongress in Berlin die Weichen für die parlamentarische Demokratie gestellt hatte, konzentrierten USPD und viele Arbeiter in den Betrieben ihre Aktivitäten auf die Durchsetzung von Betriebsräten. Nach der gewaltsamen Auflösung 1934 fand die Betriebsräteidee nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur 1945 ihre Fortsetzung im Betriebsverfassungsgesetz von 1952. Im Jahr 1971 und zuletzt 2001 erweiterte der Bundestag – jeweils nach langen gesellschaftlichen Diskussionen – die Mitwirkungsrechte der Beschäftigtenvertreter.

Trotz mancher Kritik aus dem Unternehmerlager hat sich die demokratische Beteiligung der Mitarbeiter an wirtschaftlichen Entscheidungen bewährt. Das deutsche Mitbestimmungsmodell gilt als einer der Gründe für den Erfolg der hiesigen Industrie. Die Herausforderungen der Metall- und Elektroindustrie mit Elektromobilität, nachhaltiger Produktion und Digitalisierung fordern noch mehr Dialog und mehr demokratische Beteiligung der Beschäftigten als bisher.

Ansprechpartner:
Norbert Lenhard
Betriebsratsvorsitzender
Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Tel. 09721 / 913565 und 0162 / 2590635
E-Mail: lenhanrb(at)schaeffler(dot)com

Anlage:
Broschüre elektronisch

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