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14.04.2020
INFO-Institut: Die Autobranche in der Coronakrise

Das arbeitnehmernahe Beratungsunternehmen INFO-Institut aus Saarbrücken legt in seinem aktuellen Rundbrief Nr. 01/2020 eine Kurzanalyse zur Lage der Autoindustrie vor

Die Automobilindustrie im Rahmen der Covid-19-Krise

Mit China und Westeuropa sind zwei Schlüsselmärkte der international tätigen Autobauern von der Corona-Krise bereits deutlich betroffen und der US-Markt dürfte wohl folgen. Auch ohne das Coronavirus wurde für den westeuropäischen Markt ein Rückgang auf bis zu 13,7 Millionen Fahrzeuge in 2020 prognostiziert, doch infolge der aktuellen Situation dürfte der Absatz von lediglich 12,7 Millionen Fahrzeuge realistisch sein.

Heruntergebrochen auf die europäischen Länder, wird davon ausgegangen, dass sich der italienische und französische PKW-Absatzmarkt um - 25% rückläufig entwickelt, der spanische um -20% sowie der deutsche Absatzmarkt um -20%. Aber auch für Mexiko und die USA wird ein Rückgang um -20% prognostiziert. Es wird für 2020 erwartet, dass aufgrund der Corona-Krise der weltweite Absatzmarkt auf unter 70 Mio. Fahrzeugen schrumpfen wird.

Einbruch von Absatzmärkten und Lieferketten

Neben Absatzproblemen und Geschäftsverlusten leidet insbesondere die Aufrechterhaltung der Lieferketten unter der Coronapandemie. Gerne wird die Wertschöpfungs- und Fertigungskette mit einer gut geschmierten Maschine verglichen, bei der ein Rädchen ins andere greift, um Produktionskonzepte wie beispielsweise "just in time" umzusetzen. Ist jedoch nur ein bisschen Sand in der Maschinerie, droht das Konstrukt zu bröckeln.

Derzeit legt das Coronavirus die Maschinerie lahm: so mussten Hersteller wie Renault-Samsung, General Motors oder auch Hyundai und Kia ihre Produktion in Korea längst einstellen, da wichtige Produktionsstätten in China geschlossen wurden und notwendige Bauteile nicht geliefert werden konnten. Auch in Norditalien führt Covid-19 zu Produktionsengpässen und -aussetzern. Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) wird das Coronavirus zunehmend internationale und spürbare Auswirkungen auf die Prozesse und die Wertschöpfung in zahlreichen Betrieben entlang der Lieferkette haben.

Maßnahmen der Automobilbauer und -zulieferer

Derzeit kommen in ganz Europa die Auto-Montagewerke zum Stillstand: So hat ein Autobauer nach dem anderen die Werkstore geschlossen - und wartet ab. Peugeot Citroën hat wegen der Corona-Pandemie 15 Autofabriken geschlossen, darunter die Opel-Standorte Rüsselsheim und Eisenach. Ford hat den Produktionsstopp seiner europäischen Werke bis Anfang Mai verlängert.

Ebenso stoppte der VW-Konzern die Produktion in den meisten Werken. So stellte zum Beispiel die VW-Tochter Audi die Produktion in ihren europäischen Werken und in Mexiko ein. Um den Produktionsstopp abzufedern, hat VW für rund 80.000 Mitarbeiter Kurzarbeit eingeführt und vorerst bis zum 19.04.2020 verlängert.

Auch Daimler hat europaweit eine Betriebsruhe ausgerufen, das bedeutet: Nahezu alle Mitarbeiter - bis auf wenige Ausnahmen- müssen Resturlaub und Überstunden abbauen. Des Weiteren wurde Kurzarbeit nun bis zum 17.04.2020 ausgerufen.

Das Coronavirus zwingt auch Zulieferer zum Handeln: Der angeschlagene Autozulieferer Leoni aus Nürnberg sieht aufgrund der Coronakrise den Fortbestand des Geschäftsbetriebs gefährdet und beabsichtigt deshalb Finanzhilfen von der deutschen Bundesregierung zu beantragen. Das Unternehmen ist das erste aus dem Automobilsektor, das sich zu dieser drastischen Maßnahme gezwungen sieht.

Auch wenn viele Hersteller aktuell angekündigt haben, ihre Produktionen Ende April/Anfang Mai wieder hochzufahren, wird dies mit deutlich geringeren Stückzahlen erfolgen.

Folgen des Covid-19-Virus für die Automobilbranche

Branchenkenner gehen aktuell davon aus, dass die Coronavirus-Krise eine Konsolidierungswelle in der Automobilindustrie auslösen könnte. Demnach dürften Übernahmen oder Fusionen in den nächsten Quartalen und Jahren verstärkt erfolgen, zumal die Bewertungen der Unternehmen momentan sehr niedrig sind. In Deutschland könnte zum Beispiel Daimler verstärkt unter Konsolidierungsdruck geraten. Darüber hinaus könnte als eine weitere Reaktion auf die Umstände die Digitalisierung beim Autoverkauf sein. Das Ziel: etwa ein Viertel des Handels rein digital auszuführen.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass Premiumhersteller die Krise leichter überwinden werden als deren Konkurrenten, weil sie eine kaufkräftige Kundschaft besitzen und weniger Fahrzeuge absetzen müssen, um Geld zu verdienen. Hersteller wie Fiat Chrysler oder Renault, die sich sowieso bereits in einer schwierigeren Situation befinden, könnten durch das Coronavirus in eine noch schwierigere Lage versetzt werden.

Die nächsten Jahre werden für Autobauer, und auch für die Zulieferunternehmen, äußerst anspruchsvoll werden. Kurzfristig  steht insbesondere bei vielen kleineren und mittelständischen Zulieferern das Liquiditätsmanagement in der Corona-Krise im Fokus. Mittelfristig ist damit zu rechnen, dass bestehende Überkapazitäten im europäischen Markt abgebaut werden.

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