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11.05.2020
DGB und Bund Naturschutz: Kein "Weiter-so" nach der Coronakrise!

In einem Gespräch mit der "Augsburger Allgemeinen" erklären die bayerischen Landesvorsitzenden von Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) und BUND Naturschutz, warum die Wirtschaft nach sozialen und ökologischen Standards umgebaut werden soll

Matthias Jena (DGB) und Richard Mergner (BUND Naturschutz) stellten sich kürzlich der Tageszeitung "Augsburger Allgemeine" zu einem gemeinsamen Interview. Am Samstag, dem 09.05.2020 erschien das Gespräch, in dem der Gewerkschafter und der Naturschützer ihre Reformvorschläge für die Wirtschaft nach der Coronakrise sozialökologisch reformiert werden soll.

DGB und BUND Naturschutz seien sich einig darin, dass die Ausbeutung von Mensch und Natur ähnliche Ursachen habe: nämlich den Neoliberalismus, also die Ausrichtung von Gesellschaft und Wirtschaft auf höchstmögliche Kapitalrenditen. Das übliche Muster sei: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Die Gewerkschaften würden sich für ein gutes Leben ihrer Mitglieder einsetzen, wozu auch gesunde und intakte Lebensbedingungen gehörten. Hier bestehe eine große Übereinstimmung mit den Naturschutzverbänden. DGB und BUND Naturschutz würden in Bayern seit langem für ein Abschalten der Atomkraftwerke, für die Energie-, Verkehrs- und Landwirtschaftswende sowie für Einspartechnik kämpfen.

Dabei müsse auch die einseitige Exportorientierung der deutschen Wirtschaft hinterfragt werden. In den letzten zwei Jahren habe sich, angesichts einer schwächelnden Weltwirtschaft, die Binnennachfrage sehr positiv entwickelt und die deutsche Volkswirtschaft stabilisiert. In der großen Finanzkrise 2008/2009 habe sich zudem gezeigt, dass Konjunkturpakete sinnvoll seien, insbesondere wenn sie die regionale Nachfrage stärkten. Die aktuell öffentlich diskutierten "Corona-Konjunkturprogramme" müssten nun als Chance für einen sozial-ökologischen Umbau aller Wirtschaftsbereiche hin zu mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Krisenfestigkeit genutzt werden. Dazu fordern 250 Firmen mit mehreren Millionen Beschäftigten ein "Klima-Konjunkturpaket". Notwendig sei dazu auch eine Stärkung der Tarifbindung und der Kampf gegen den Niedriglohnsektor, denn Umweltschutz sei nur mit und nicht gegen die Menschen möglich.

Außerdem sei dringend eine finanzielle und grundsätzliche Aufwertung der sozialen Berufe erforderlich, die sich in der Coronakrise als "systemrelevant" erwiesen hätten, insbesondere der Arbeitsplätze im Gesundheits- und Pflegebereich. Bezahlt werden sollten die genannten Forderungen durch höhere Beiträge der Kapitaleigentümer. Das Nettovermögen der Deutschen liege bei etwa neun Billionen Euro, wobei das reichste Hundertstel alleine über einen Anteil von 3,8 Billionen Euro verfügen könne. Geld für eine Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft sei also genug da. Es müsse nur der Allgemeinheit stärker zur Verfügung gestellt werden. Dafür solle man sich vom wirtschaftsliberalen Dogma der letzten Jahrzehnte wieder abwenden und die Soziale Marktwirtschaft wiederbeleben. Notwendig sei auch der Einbezug der anderen EU-Mitglieder, etwa durch ein europaweites sozialökologisches Konjunkturpaket. Die Aufgabe der Gewerkschaften sei es, die umweltpolitischen Herausforderungen mit Beschäftigungssicherung und "guter Arbeit" zu vereinbaren. Der Transformationsprozess hin zu einer sozialökologischen Gesellschaft sei unumkehrbar und müsse bestmöglich im Interesse der Beschäftigten und der Gesellschaft gestaltet werden.

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