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15.06.2020
IG Metall: Kritik an SPD-Haltung zur Autokaufprämie

Der IG Metall-Vorstand bekennt sich zu den Klimazielen, kritisiert aber den auf Druck der SPD beschlossenen Förderausschluss für umweltfreundliche Verbrennungsfahrzeuge

Jörg Hofmann, 1. Vorsitzender der IG Metall

Johann Horn, IG Metall-Bezirksleiter Bayern

Die Kritik des IG Metall-Vorsitzenden und SPD-Mitglieds Jörg Hofmann fiel deutlich aus: "Industriepolitische Geisterfahrt" nannte er die auf Druck der SPD verhinderte Förderung von Autoneukäufen mit hocheffizienten Verbrennungsmotoren. Die WELT titelte sogar: "So kann sich die SPD als Volkspartei nicht halten".

IG Metall für Klimaschutz und Verbrenner-Kaufprämie

Einige Wochen vor dem Koalitionsausschuss, bei dem die Entscheidung fiel, hatte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sich in einem Handelsblatt-Interview unter drei Bedingungen für eine Verbrenner-Kaufprämie ausgesprochen: Sie müsse zu einer erheblichen Senkung des CO2-Ausstoßes beitragen sowie Beschäftigung und Produktion in Deutschland sichern. Außerdem müsse die Politik von den Autoherstellern einen Eigenbeitrag einfordern: "Der Steuerzahler darf nicht die ohnehin gewährten Rabatte finanzieren", sagte Hofmann damals.

Die großen deutschen Hersteller und auch die drei "Autoländer" Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen hatten sich dafür ausgesprochen, auch den Kauf von Autos mit reinem Verbrennungsmotor zu bezuschussen, um die Konjunktur anzukurbeln. Kritik kam auch aus den Reihen der SPD. Der langjährige Parteivorsitzende Sigmar Gabriel wurde dabei sehr deutlich: "Nach den Beschäftigten der Energiebranche gibt die Sozialdemokratie mit ihrer eher populistischen Ablehnung von Fördermitteln für die Autoindustrie den nächsten Teil ihrer klassischen Wählerschaft auf", sagte er der Rheinischen Post. Die vor allem mit den GRÜNEN verbundene Klimapolitik sei ihr inzwischen wichtiger als die Interessenvertretung von Arbeitnehmern.

Entfremdung zwischen Gewerkschaften, Betriebsräten und SPD

Dies sieht auch der Daimler-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Brecht so. Er selbst und auch seine Amtskollegen aus der Auto- und Zulieferindustrie seien "stinksauer", sagte er der Deutschen Presse-Agentur: "Die SPD-Spitze hat es nicht verstanden. Es rollt eine Rationalisierungswelle auf die deutsche Autoindustrie zu, die massiv an die Arbeitsplätze herangeht", sagte Brecht. Die Branche habe in Wachstum investiert und nun drohten Überkapazitäten, die man nicht drei oder vier Jahre lang mit Kurzarbeit und ähnlichen Maßnahmen überbrücken könne. Der zum Volkswagen-Konzern gehörende MAN-Konzernbetriebsratschef Saki Stimoniaris stößt ins gleiche Horn: "Vertritt sie tatsächlich noch die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?".

Die beschlossene, bis Ende 2020 befristete Mehrwertsteuersenkung sei kein adäquater Ersatz für die Kaufprämie zugunsten hocheffizienter Verbrennungsfahrzeuge, meint auch Johann Horn. Der IG Metall-Bezirksleiter in Bayern betont: "Steuergeld sollte bestmöglich steuern". Das Bundesland Bayern weist mit Audi und BMW gleich zwei große Premiumhersteller der Automobilindustrie auf. Mit der Absenkung der Mehrwertsteuer bekämen alle Unternehmen, auch die der Autobranche, eine indirekte und unspezifische Prämie, erläutert Horn. Somit würden auch große Fahrzeuge mit überdurchschnittlichem Benzinverbrauch oder Fahrzeuge mit älteren Motoren und schlechteren Abgaswerten indirekt durch den Staat verbilligt, was nicht zielgerecht sei.

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