Startseite
29.06.2021
IG Metall: Angleichung Ost im Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie kommt!

1990 traten die fünf neuen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland bei, 2021 werden nun endlich die Arbeitszeiten im Osten an den Westen angeglichen

Die Entgeltkluft zwischen Ost und West wäre auch bei einer Angleichung der Arbeitszeiten in der Metall- und Elektroindustrie immer noch enorm

Deutsche Einheit nach 31 Jahren auch im Tarifvertrag

Mehr als 30 Jahre haben Beschäftigte für eine Angleichung der Arbeitsbedingungen des Ostens an den Westen gekämpft. Nun haben sich IG Metall und Arbeitgeber auf eine tarifliche Vereinbarung geeinigt, der eine stufenweise Angleichung auf betrieblicher Ebene ermöglicht.

Die hart erstrittene tarifliche Lösung für die Angleichung der Arbeitszeiten im Osten ist da. Nach der dritten Verhandlungsrunde haben sich IG Metall und Arbeitgeber auf einen tariflichen Rahmen geeinigt, der eine schrittweise Angleichung der Arbeitszeit auf betrieblicher Ebene ermöglicht. Denn im Osten arbeiten die Beschäftigten immer noch 38 Stunden pro Woche, statt der im Westen tariflich geregelten 35 Stunden.

Zahlreiche Warnstreiks – entscheidend für den tariflichen Erfolg

Während der Tarifrunde haben 127.000 Beschäftigte in Berlin, Brandenburg und Sachsen mit Warnstreiks dafür gekämpft, dass die Arbeitgeber endlich einlenken. Mit Erfolg: "Es hat sich gezeigt, dass unser Druck in der Tarifrunde erheblich gewirkt hat. Die Arbeitgeber haben verstanden, dass sie den Weg freimachen müssen für die Arbeitszeitangleichung Ost", sagt Birgit Dietze, Bezirksleiterin und Verhandlungsführerin der IG Metall in Berlin, Brandenburg und Sachsen. "Wir haben jetzt nach einer langen und harten Auseinandersetzung einen tariflichen Rahmen geschaffen, so dass Betriebe mit freiwilligen Betriebsvereinbarungen Stufenpläne zur 35-Stundenwoche verhandeln können."

Im Mai hatte der Bezirk Berlin, Brandenburg und Sachsen den Pilotabschluss der Metall- und Elektroindustrie aus Nordrhein-Westfalen übernommen. Nur ein Verhandlungspunkt blieb offen: Die Angleichung von Ost und West. Am 25. Juni haben sich Arbeitgeber und IG Metall nun auf eine tarifliche Vereinbarung geeinigt, der allen Unternehmen und deren Beschäftigten im Bezirk betriebliche Einigungen zur Arbeitszeitanpassung eröffnet – mit vielfältigen Lösungsansätzen.

Umsetzung der 35-Stunden-Woche durch betriebliche Öffnungsklausel

Durch eine Öffnungsklausel haben die einzelnen Betriebe nun die Möglichkeit, die Arbeitszeit schrittweise abzusenken. Obwohl der Manteltarifvertrag geschlossen bleibt, in dem die Arbeitszeit geregelt ist, können Belegschaften innerhalb des neuen tariflichen Rahmens mit der Geschäftsführung eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitabsenkung verhandeln, die ab 1. Januar 2022 in Kraft treten kann. Dabei kann zunächst um eine Stunde abgesenkt oder aber auch der ganze Weg zur 35-Stunden-Woche festgelegt werden.

Wie erfolgreich die Angleichung auf betrieblicher Ebene umgesetzt werden kann, zeigen einige Betriebe, die bereits seit Mai einen Stufenplan zur 35-Stunden-Woche eingeführt haben. Volkswagen Sachsen, SAS in Meerane und ZF in Brandenburg an der Havel haben den Anfang gemacht. Damit fallen bereits 38 Prozent der Beschäftigten im Bezirk in der Metall- und Elektroindustrie unter den Stufenplan. "Es werden jetzt Betriebsvereinbarungen in vielen weiteren Betrieben folgen. Einige stehen bereits in den Startlöchern, um zu verhandeln“, sagt Birgit Dietze.

IG Metall sitzt bei betrieblichen Verhandlungen immer mit am Tisch

Mit dem Tarifvertrag und der Öffnungsklausel wurde nun in einem ersten Schritt ein Rahmen geschaffen, auf den aufbauend mehr konkrete Regelungen in den Betrieben folgen können. Die Tarifparteien in den Betrieben können nun in Verhandlungen treten. Dabei steht die IG Metall den Beschäftigten weiter zur Seite. "Als Tarifvertragsparteien müssen wir den betrieblichen Lösungen jeweils zustimmen und werden uns im Januar 2023 zusammensetzen, um die Lage zu evaluieren und daraus Schlüsse für die Tariflandschaft abzuleiten."

"Wir begrüßen die nun gefundene Lösung als einen notwendigen Schritt zur Angleichung der Arbeitszeiten in Ost und West" sagt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzende der IG Metall. "Die Tarifvertragsparteien haben damit den Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für die soziale Einheit Deutschlands zu stellen." Wie jeder Tarifvertrag sei auch dieser ein Kompromiss unterschiedlicher Interessen, so der Erste Vorsitzende. "Wichtig für uns ist, dass die tarifliche Arbeitszeit als Kern tariflicher Materien nicht alleine den Betriebsparteien überlassen wird, sondern der Zustimmung der Tarifvertragsparteien bedarf."

Die Tarifvereinbarung tritt am 1. Juli 2021 in Kraft und kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, erstmals am 31. Januar 2024 gekündigt werden.

Druckansicht