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09.09.2021
Bühl: IG Metall-Information zur 35-Stunden-Woche

Die Gewerkschaft hat zu aktuellen Fragen am Schaeffler-Standort Bühl ein Flugblatt veröffentlicht – Hintergrund der Diskussion ist die Einführung des IG Metall-Flächentarifvertrags

Wir dokumentieren hier den Inhalt des Flugblatts, das von Maja Reusch (IG Metall-Geschäftsstelle Offenburg) und Barbara Resch (IG Metall-Bezirksleitung Baden-Württemberg) gemeinsam veröffentlicht wurde.

ENTGELT UND ARBEITSZEIT

Was gilt bei Schaeffler Bühl in 2022?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der letzten Zeit gab es verschiedene Publikationen, die über die ERA-Einführung, die weiteren Schritte im Tariffindungsprozess und deren Auswirkungen auf die Beschäftigten, informierten. Da Tarifverträge von den Tarifertragsparteien vereinbart werden, möchten wir euch mit diesem Flugblatt über den Inhalt und auch die Entstehung der jeweiligen Regelung informieren. Darüber hinaus bieten wir am 15.09.2021 eine Sprechstunde an. Eine gute Gelegenheit, alle eure Fragen rund um das Thema Tarifeinführung bei Schaeffler in Bühl zu beantworten.

Was wurde vereinbart:

Zum 01.01.2018 wurde die damalige LuK GmbH & Co. KG Mitglied des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall. Damit galten ab diesem Zeitpunkt alle Tarifverträge der M+E-Industrie, mit Ausnahme der Regelungen zur Wochenarbeitszeit und zum Entgeltsystem ERA. Diese werden nach einer Anlaufphase stufenweise eingeführt. Ein Erfolg, denn bis zur Unterzeichnung des Tarifvertrags konnte allein der Arbeitgeber über die wesentlichen Arbeitsbedingungen entscheiden.

Seitdem ist viel passiert. Nicht nur die Corona-Pandemie hat die Welt in Atem gehalten und nachhaltig verändert. Auch die Veränderungen im Automobilsektor (hin zu mehr Elektromobilität, schwankende Abrufzahlen von PKWs, Chipmangel...) haben die Situation von Beschäftigten auch bei Schaeffler in Bühl elementar verändert. Parallel wurde an der Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Jahr 2018 gearbeitet.

Tarifverträge sind Kompromisse und Ausdruck der Stärke der Beschäftigten, aber auch die wirtschaftliche Situation spielt in jeder Tarifverhandlung eine Rolle. Tarifverträge regeln Mindestbedingungen, günstigere Regelungen sind möglich.

Zu zwei Themen, die in den letzten Wochen für viel Gesprächsstoff sorgten, möchten wir informieren:

Entgelt

Der  ERA-Tarifvertrag gilt ab dem 01.07.2022. Bis dahin gilt weiter das betriebliche Schaeffler-Entgeltsystem, wonach der Arbeitgeber einige Entgeltbestandteile einseitig festlegen kann. Im Jahr 2018 wurden die betrieblichen Entgelte nach
der Schaeffler-Entgeltsystematik erhöht. Seit 2019 werden die Tarifabschlüsse der M+E-Industrie auch bei Schaeffler
Bühl angewendet.

Urlaubsgeld und Sonderzahlung werden ab der ERA-Einführung gezahlt, da sie bisher im LuK/Schaeffler Jahresentgelt
enthalten sind. Im ERA-Einführungsjahr werden  die  bisherigen Prämien sowie Urlaubsgeld und Sonderzahlung zu jeweils 50% gezahlt.

Im Jahr 2018 kam es zu einer weiteren Tarifvereinbarung zwischen Schaeffler und IG Metall. Die IG Metall forderte den  Arbeitgeber auf, die Regelungen zum tariflichen Zusatzgeld und zur tariflichen Freistellungszeit auch bei Schaeffler Bühl zur Anwendung zu bringen. Das wurde dann auch vereinbart und seit 2019 praktiziert.

Was damals keiner wissen konnte: die Tarifparteien in der M+E-Industrie haben seit 2019 keine weitere prozentuale Entgelterhöhung abgeschlossen. In der Tarifrunde 2020/2021 verständigten sich die Tarifpartner auf eine neue jährliche  Sonderzahlung, den Trafobaustein und eine Coronabeihilfe, um der wirtschaftlichen Situation Rechnung zu tragen. Beides wurde auch bei Schaeffler in Bühl umgesetzt.

Arbeitszeit

Seit 01.01.2018 gilt grundsätzlich die 35-h-Woche. Bis zum 30.06.2022 kann Schaeffler weiterhin mit 100% der Beschäftigten eine Arbeitszeit von 40h vereinbaren. Diese Quote sinkt in der Folge jährlich um 10%. Am 01.01.2027 wird der finale Wert von 50% erreicht.

In den bereits erwähnten Nachverhandlungen im Sommer 2018 wurden auf Initiative des Arbeitgebers Veränderungen
beim Thema tarifliche wöchentliche Arbeitszeit vereinbart. Der Arbeitgeber trug vor, dass es sinnvoller sei, die Stichtage für Veränderungen der Arbeitszeit zu Jahresbeginn festzulegen. Dadurch ließen sich z. B. Sonderzahlungen einfacher berechnen. Deshalb wurde aus dem Stichtag 30.06.2022, der 01.01.2023 also eine Verschiebung um 6 Monate nach hinten.

Allerdings wollten der Arbeitgeber und auch die IG Metall die Möglichkeit eröffnen, bereits zum 01.01.2022 die wöchentliche  Arbeitszeit auf 35h abzusenken. Der IG Metall war dabei die Freiwilligkeit wichtig. Der Arbeitgeber stand der 35-h-Woche kritisch gegenüber und wollte eine möglichst hohe Anzahl von 40-h-Verträgen behalten, deshalb weicht die Quote der 40-h-Verträge erheblich von den geltenden Regelungen im Flächentarifvertrag ab: Fläche 18%, Schaeffler 50% (ab 2027).

Sollte jetzt ein Beschäftigter bereits zum 01.01.2022 seine Arbeitszeit reduzieren wollen, muss dies bis spätestens 01.10.2021 beim Arbeitgeber beantragt werden. Bei einer solchen Reduzierung sinkt auch das Einkommen entsprechend. 
Sollte der Arbeitgeber von seiner Möglichkeit Gebrauch machen, muss dies ebenfalls zum 01.10.2021 angekündigt werden. Zuvor aber muss vorrangig versucht werden, Arbeitszeitabsenkungen einvernehmlich zu vereinbaren. Nach unseren  Recherchen wäre die Erreichung der Quote durch freiwillige Reduzierung und Neueinstellungen ohne einseitige Maßnahmen zulasten der jetzigen Belegschaft möglich.

Wir gehen aktuell davon aus, dass Schaeffler Bühl im Geiste der Verhandlungen von 2018 die Vereinbarungen umsetzt: von 40 auf 35h dort, wo Einvernehmen herrscht. Sollte der Arbeitgeber jetzt aufgrund von Auslastungsgründen Druck auf einzelne Beschäftigte ausüben, die Arbeitszeit zu reduzieren, werden wir den Arbeitgeber zu Gesprächen auffordern – denn dann greifen ggf. andere Instrumente des Flächentarifvertrages, bspw. die Regelungen des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung.

Grundsätzlich gilt, dass die IG Metall ihre Mitglieder stets an der Entstehung von Tarifverträgen beteiligt und Verhandlungsergebnisse nicht nur zur Diskussion, sondern auch zur Abstimmung stellt. Dies ist sowohl im Jahr 2017 als auch in 2018 erfolgt — und wird auch in Zukunft so praktiziert. Tarifverträge werden immer zeitnah den zuständigen Gremien, sowohl dem Betriebsrat als auch den Vertrauensleuten, zur Verfügung gestellt und können dort eingesehen werden.

Dank eurer Beteiligung und vielen starken Mitgliedern ist uns mit dem Tarifeintritt und den Vereinbarungen rund um die E-Mobilität bei Schaeffler Bühl ein großer Erfolg für gute, sichere und mitbestimmte Arbeit gelungen. Lasst uns diesen Weg weiter gemeinsam beschreiten und die Arbeitsbedingungen bei Schaeffler Bühl aktiv gestalten.

KONTAKT

  • Maja Reusch, 2. Bevollmächtigte IG Metall Offenburg und
  • Barbara Resch, Tarifsekretärin IG Metall Baden-Württemberg
  • Telefon: 0781 9190830, offenburg(at)igmetall(dot)de

Impressum: IG Metall, Wilhelm-Leuschner-Str. 79, 60329 Frankfurt am Main, Vertreten durch den Vorstand, 1. Vorsitzender: Jörg Hofmann, Kontakt: vorstand(at)igmetall(dot)de
V.i.S.d.P. / Verantwortlich nach § 18 Abs. 2 MStV: Ahmet Karademir, IG Metall Offenburg, 1. Bevollmächtigter, Rammersweierstr. 100, 77654 Offenburg, Kontakt: offenburg(at)igmetall(dot)de

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