Startseite
15.10.2021
IG Metall: Chip- und Aluminiummangel selbst gemacht!

11 Millionen Autos können dieses Jahr nicht gebaut werden wegen Halbleitermangels, und auf die Industrie kommt ein Aluminiummangel zu – Die Krisen sind hausgemacht und verdeutlichen: Europa braucht wieder eigene Magnesiumförderung und eine starke Halbleiterindustrie

Magnesiumproduktion 1990 bis 2017 – blau eingefärbt ist der inzwischen dominante Anteil Chinas (Quelle: CM Group, Juli 2018)

Die kapitalistische Globalisierung bringt es mit sich, dass Industriestaaten einen Teil ihrer Produktion sowie die Rohstoffe schon lange aus Entwicklungs- und Schwellenländern beziehen. Die Gewerkschaften haben stets davor gewarnt, sich auf Kostengründen zu stark von Lieferanten aus anderen Kontinenten abhängig zu machen. Dies bewahrheitet sich nun.

Autohersteller haben sich "verzockt" – IG Metall fordert politische Strategie

Immer mehr Halbleiter werden in Autos verbaut, die Digitalisierung macht rasante Fortschritte. Doch obwohl Chips so stark nachgefragt werden, tun sich die die Halbleiterproduzenten schwer. Die steigende Nachfrage trifft auf einen konsolidierten Anbietermarkt. Der Preiskampf bei Halbleitern ist enorm, nur einige Firmen, die meisten aus Asien oder den USA, können ihm standhalten. Dabei wird gemunkelt, dass die Autoindustrie besonders schlecht bezahle. Sie macht aber nur einen geringen Teil der weltweiten Abnehmer von Halbleitern aus.

Doch auch insgesamt gesehen sind die Margen sehr gering und zwingen Chiphersteller stetig, an der Auslastungsgrenze zu arbeiten, sonst lohnt sich ihr Geschäft nicht. Experten sprechen davon, dass eine Auslastung von unter 90 Prozent bereits kritisch wird. Zwar führt die gestiegene Nachfrage nun auch zu einer Ausweitung der Produktion bei fast allen Herstellern, doch das dauert – bei ganz neuen Werken bis zu fünf Jahren. Die kurzfristigen und kurzsichtigen Abbestellungen der Autokonzerne während der Coronakrise können nicht kurzfristig ausgeglichen werden. Marktbeobachter rechnen damit, dass der Halbleitermarkt noch mindestens bis Mitte 2022 angespannt bleiben wird.

Heimische Industriebetriebe lernen gerade schmerzlich, dass sie sich nicht auf eine Versorgung mit Chips per Container aus Südkorea oder Taiwan verlassen können. Dabei müssen Halbleiter nicht um die halbe Welt geschickt werden. In Deutschland sind alle nötigen Kompetenzen vorhanden und die Technologien zur Herstellung von Halbleitern kommen zum Teil von hiesigen Weltmarktführern wie Zeiss SMT in Oberkochen. Und auch Chiphersteller Infineon aus Neubiberg zeigt, dass das Halbleitergeschäft in Deutschland möglich ist. Solche Beispiele müssen Schule machen, findet die IG Metall. Dafür braucht es die Unterstützung der kommenden Bundesregierung, beispielsweise in Form von entsprechenden Förderprogrammen, die eine Ansiedlung in Deutschland attraktiv machen.

Aluminiummangel wegen Rohstoffabhängigkeit von China

Nach den Automobilkonzernen und ihren Zulieferern wird nun die gesamte Industrie von einem weiteren Mangel getroffen. Das in immer mehr Anwendungsbereichen verwendete Aluminium wird knapp, was auch mit Magnesiummangel zu tun hat. Magnesium wird gerne für Aluminiumlegierungen verwendet und die europäische Versorgung mit Magnesium beruht zu 95 Prozent auf chinesischen Importen. 2001 wurden aufgrund des zu Dumpingpreisen angebotenen Magnesiums aus China die letzten Produktionsanlagen in Europa abgeschaltet. Man geht aktuell davon aus, dass die Magnesiumvorräte in Europa gerade noch ein bis zwei Monate halten. Danach werden Produktionsausfälle in der Auto-, Bau-, Logistik-, Druckguss-, Kohle- und Stahlbranche erwartet.

Der Hintergrund für diese Entwicklung sind Chinas Bemühungen, seinen Energiebedarf zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurden die besonders energieintensiven Grundstoffindustrien heruntergefahren. Im Weltzentrum der Magnesiumproduktion, den Provinzen Shaanxi und Shanxi, wurde die Produktion in 25 Magnesiumfabriken gestoppt und in fünf weiteren Fabriken wurde die Fertigung halbiert. Die IG Metall stellt dazu fest, dass die aktuelle Magnesiumknappheit ein gutes Beispiel für das Risiko ist, das die EU-Staaten durch ihre einseitige Abhängigkeit von chinesischen Importen eingegangen sind. Die Europäische Union muss eine eigene Industrie- und Rohstoffpolitik entwickeln. Europa muss sich wieder stärker selbst mit Rohstoffen und Vorprodukten versorgen können, damit solche Engpässe wie aktuell in der Aluminiumindustrie künftig der Vergangenheit angehören. 

Druckansicht