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27.10.2021
WSI: Mindestlohn von 12 Euro würde Millionen Beschäftigten helfen

8,6 Millionen Beschäftigte verdienen einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge weniger als 12 Euro pro Stunde – Vor allem Frauen würden von der Anhebung profitieren

Der Mindestlohn soll kräftig steigen (Symbolbild: Wikimedia Commons)

Höherer Mindestlohn: Gut für tariflose Beschäftigte

SPD, GRÜNE und FDP haben sich in ihren Sondierungsgesprächen zur neuen Bundesregierung auf eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro verständigt. Aktuell steht der Mindestlohn bei 9,60 Euro. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung begrüßt die geplante Anhebung.

Eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro würde Tarifbeschäftigten laut WSI eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 1,0 Prozent bringen. Unter den Beschäftigten ohne Tarif fiele das Plus hingegen mit 4,1 Prozent deutlich größer aus. Somit stelle der höhere Mindestlohn "keinen tiefen Eingriff in die Tarifautonomie" dar, sagte der WSI-Arbeitsmarktexperte Toralf Pusch. Er wäre "vor allem eine wirksame Stütze zur Stabilisierung der Löhne von Beschäftigten ohne Tarifvertrag".

Einzelhandel, Gesundheitswesen und Gastronomie sind größte Niedriglohnbranchen

Löhne unter zwölf Euro kamen bislang am häufigsten im Einzelhandel, dem Gesundheitswesen, der Gebäudebetreuung, der Gastronomie und dem Sozialwesen vor. Nach Berufen waren unter anderem Fachkräfte in Gastronomie und Hauswirtschaft, Verkäuferinnen und Verkäufer, medizinische Fachangestellte, Köche oder Berufskraftfahrende stark betroffen. Hinzu kommen Hilfskräfte in Reinigung, Hauswirtschaft, Küchen und Logistik.

Der WSI-Analyse zufolge handelt es sich bei der großen Mehrheit der Arbeitsverhältnisse, in denen der höhere Mindestlohn direkt zu einer Lohnanhebung führen würde, um den Hauptjob der jeweiligen Beschäftigten. Das gilt im laufenden Jahr für 7,3 Millionen Menschen. Weitere etwa 1,3 Millionen Arbeitsverhältnisse aus diesem Lohnsegment seien Nebentätigkeiten. Von den Hauptjobs wiederum seien rund drei Millionen Vollzeit- und knapp 4,3 Millionen Teilzeitstellen.

Auch Wirtschaft und Staat würden von Mindestlohnanhebung profitieren

Eine vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geförderte Studie ergab kürzlich, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde gesamtwirtschaftlich sinnvoll wäre. Langfristig würde die Wirtschaftsleistung um etwa 50 Milliarden Euro im Jahr steigen. Die Staatseinnahmen erhöhten sich demnach um rund 20 Milliarden Euro jährlich.

Der vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 befürchtete Anstieg der Erwerbslosigkeit trat seitdem nicht ein. Ganz im Gegenteil stieg auch im Niedriglohnsektor die Beschäftigung in Deutschland weiter an. Nach der einmaligen Steigerung auf 12 Euro soll künftig wieder die vom Gesetzgeber eingerichtete Mindestlohnkommission die Vorschläge für eine Anhebung des Mindestlohns ausarbeiten. In der Mindestlohnkommission sitzen Delegierte von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sowie aus der Wissenschaft.

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