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12.10.2022
Von: AC
Tarifverhandlung in der Energiekrise

In der Tarifrunde sind zum 12. Oktober 2022 bereits acht Regionen in die zweite Verhandlungsrunde gegangen, allerdings haben sich die Vertreter der Beschäftigten und der Arbeitgeber noch nicht auf ein Ergebnis geeinigt. Die prominenteste Forderung vonseiten der Arbeitnehmer ist eine Erhöhung des Entgelts um acht Prozent für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Die Geschäfte in der Metall- und Elektroindustrie laufen wieder gut und in Pandemiezeiten war es zu keiner tariflichen Lohnerhöhung gekommen, jetzt bringt die hohe Inflation viele Beschäftigte in finanzielle Engpässe. Die Inflation wird maßgeblich durch die Energiekrise getrieben.

Foto: Agnes Conrad. Solidarität gewinnt!

Dass es in der zweiten Verhandlungsrunde noch nicht zu abschließenden Ergebnissen kommt, ist normal. In diesem Jahr wirkt sich der Faktor Energiepreis aber besonders stark auf beide Seiten der Verhandlungs- partner aus. Nachdem die Bundespolitik lange über eine Gasumlage diskutiert hatte, welche die Preise weiter nach oben getrieben hätte, soll nun laut Plänen der Gaspreiskommission im nächsten Jahr eine Gaspreisbremse 70 Prozent der Kosten des Vorjahresverbrauchs für alle Industrieunternehmen deckeln. Dieser Vorschlag ist von der Regierung noch nicht offiziell angenommen worden, aber die Kommission war eigens von ihr eingesetzt worden, um eine Lösung für die Krise zu finden. Das ist für Schaeffler und einige weitere Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie deshalb wichtig, weil ein großer Teil der Produktion über Gasenergie läuft.

Die Energiekosten der Unternehmen

Die steigenden Energiepreise waren bisher ein Hauptargument auf Arbeitgeberseite, um die Gehälter nicht zu erhöhen. Die Kosten könnten ihrer Ansicht nach nicht gestemmt werden. Wie berechtigt die Sorge um die Energiekosten tatsächlich bisher war, ist unklar. „Teile der Arbeitgeber reden sich derzeit in Ekstase und überbieten sich mit Weltuntergangsstimmungen“, kritisiert Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. Neue Berechnungen aus dem Statistischen Bundesamt zeigen aber, dass die Energiepreise im Durchschnitt nur 1,8 bis zwei Prozent der Gesamtkosten in diesen Unternehmen ausmachen. Deswegen ist diese Erklärung angesichts einer sehr guten Auftragslage in der Metall- und Elektrobranche in vielen Fällen nicht berechtigt. Wo viel Gas für Prozesswärme benutzt wird und die Kosten tatsächlich deutlich höher sind, wird nun voraussichtlich die Preisdeckelung greifen.

Das stärkt die Beschäftigten in ihrer Forderung, von ihren Unternehmen mehr Gehalt zu bekommen. Denn auf der anderen Seite wirkt sich die Inflation weiterhin auf die Lebenshaltungskosten der Arbeitnehmer aus, die vor allem in den unteren Tarifgruppen und als Alleinversorger von Familien in Schwierigkeiten geraten. „Statt Lösungen zu präsentieren, wie die Beschäftigten mit den exorbitanten Preissteigerungen zurechtkommen sollen, stehlen sich die Unternehmer aus der Verantwortung und delegieren diese an die Arbeitnehmer! Das ist doch ein klares Signal an alle Beschäftigten: Eure Arbeitgeber wollen die Last der Inflation auf euren Rücken abwälzen“, sagt Thorsten Gröger, IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer in Niedersachsen. Eine Erhöhung aller Gehälter um acht Prozent würde den Unternehmen im Durchschnitt 1,6 Prozent Mehrkosten machen. Unabhängig von den Rekordgewinnen, die einige Unternehmen derzeit erzielen, deckt sich das gut mit den Entlastungen, die durch die Gaspreisbremse entstehen.

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