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01.12.2022
Von: AC/SV
Soziale Transformation bei Schaeffler ist möglich!

Der Gesamt-Betriebsratsvorsitzende Salvatore Vicari muss sich besonders in der Automotive-Branche mit der Transformation auseinandersetzen. Hier erklärt er die Hintergründe der Restrukturierungsprogramme der letzten Jahre, was den Standort Deutschland attraktiv macht was wir benötigen, um uns auch in Zukunft zu behaupten.

Salvatore Vicari, Vorsitzender des GBR.

Im Namen der Elektromobilität und der Automatisierung verändert sich zurzeit viel bei Schaeffler. Wie weit sind unsere deutschen Automotive-Standorte damit, auf E-Mobilität umzuschalten? Was ist der vorgesehene Zeitplan?

Der Veränderungsprozess findet seit 2016 bei Schaeffler statt, das ist auch in den Restrukturierungsprogrammen in dieser Zeit wahrnehmbar. Tiefgreifende Veränderungen in der Mobilität der Zukunft auf nationaler und internationaler Ebene bringen neue Herausforderungen mit sich. Ein Ende ist noch nicht in Sicht. Schaeffler ist wie viele andere Zulieferer massiv gefordert, neue Geschäftsmodelle und neue Produkte mit hoher Innovationskraft zu entwickeln. Hier liegt die große Sorge der Betriebsräte: es ist noch nicht endgültig absehbar, wie die deutschen Automotive-Werke umgestellt werden und wie schnell dieser technologische Wandel stattfinden wird. Am Ende des Prozesses muss eine Lösung stehen, welche die Beschäftigten mitnimmt.

Der Zeitplan wird wohl an die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst. Ich erwarte, dass wir bis 2025/26 die Spitze der Produktion von Verbrennungsmotoren erreichen. Danach werden die Zahlen in der Produktion und der Zulassung von Elektroautos deutlich steigen, Schaeffler wird mit diesem Trend mitgehen.

 

Können unsere jetzigen Produkte an die neuen Anforderungen angepasst werden?

Die Sparte „Motor und Getriebe“ steht zurzeit besonders unter Druck, da Verbrennungsmotoren in Europa Mitte bis Ende der Dreißiger Jahre auslaufen werden. Jetzt entwickeln wir gerade ein Konzept dazu, welche Motorenelemente aus dem Verbrennungsmotor wir ersetzen müssen. Die Sparte Lager wird gerade in Richtung E-Mobilität ausgerichtet, hier kann man schon sehen, wie unsere Kernkompetenzen in neue Technologien transferiert werden.

 

In Indien ist nun ein hochmodernes Technologiezentrum für Software- und Elektronikentwicklung eingeweiht worden. Was bedeutet es für den Standort Deutschland, wenn neue Technologien im Ausland aufgebaut werden und wie können wir uns in Zukunft behaupten?

Der Standort Deutschland steht unter enormem Druck. Das zeigen die Restrukturierungsprogramme seit 2016. Die Globalisierung entwickelt sich mit den Handelskonflikten, Lieferkettenproblemen, Halbleiterkrisen und der Covid-Pandemie im Wesentlichen in drei Sub-Regionen. Wir schätzen die Zukunft so ein, dass zukünftig die Amerikas, Europa und die Asien-Pazifik-Region stärker regionalisiert werden und sich entlang einer Wertschöpfungskette entwickeln.

Der Bereich Forschung und Entwicklung wird immer globaler ausgerichtet, das wird auch mit der Investition in das neue Technologiezentrum in Indien deutlich. Um hier nicht den Anschluss zu verlieren, sehe ich Handlungsbedarf im Bildungssystem unserer Schulen, an den Hochschulen und bei der Qualifikation der Beschäftigten im Unternehmen. Denn ein deutsches Alleinstellungsmerkmal ist die duale Ausbildung. Daraus entwickelte sich in Jahrzehnten die Innovationsfähigkeit von Schaeffler. Diese Stärken müssen wir gezielt weiterentwickeln. Das sehe ich als Chance für den Entwicklungsstandort Deutschland. Der Werdegang von vielen Auszubildenden zeigt, dass sie hervorragend geschult werden und während sowie nach der Ausbildung einen starken Praxisbezug haben. Solche Konzepte machen gute Bildung zu einem zugänglichen Angebot, es ist ein durchlässiges System, das alle Talente fördert.

 

Und was sind die Forderungen an das Schaeffler-Management, die sich daraus ergeben?

Aus der Sicht der Betriebsräte ist das Management stark gefordert. Die deutschen Werke brauchen eine Zukunftsperspektive und wir brauchen für die betroffenen Standorte zukunftsfähige Lösungen. Schaeffler ist ein Technologieunternehmen, kreativ und innovativ, und aus meiner Sicht ist es möglich, die betroffenen Werke perspektivisch auszurichten. In der Betriebsrätevollversammlung im September hat der Forschungs- und Entwicklungsbereich die Innovationsfähigkeit von Schaeffler aufgezeigt. Wir fordern, dass diese Wertschöpfung in den deutschen Standorten rückläufige oder auslaufende Produkte ersetzt. Wir brauchen endlich eine Strategie, die jedem unserer Automobilwerke eine Perspektive aufzeigt, was dort künftig produziert werden soll. Unsere Erwartung an das Management ist, dass dieser Transformationsprozess ohne Werkschließungen und ohne betriebsbedingte Kündigungen vollzogen wird.

Das aktuelle Restrukturierungsprogramm zeigt aber auch, dass wir bei Verlagerung und rückläufigen Produkten insgesamt einen klaren Vergabeprozess für neue Produkte benötigen. Nur so ist die soziale Transformation bei Schaeffler möglich.

 

Kollege Vicari, vielen Dank für das Gespräch.

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