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30.07.2007
Neuer Schlauch, alter Wein

Die AUB versammelte sich, um nach den Erschütterungen der vergangenen Monate nach vorn zu blicken. Ein neuer Vorstand und mehr Transparenz waren angekündigt - das eine gibt es nun, beim anderen bestehen Zweifel. Von Aufarbeitung ist wenig zu spüren, statt dessen steckt der Kopf weiter fest im Sand: "Das ist eine Affäre Schelsky, keine AUB- Affäre."

zum Download:
AUB-Broschuere-07_01.pdf

Am Samstag kamen die Mitglieder der AUB in Nürnberg zusammen, um sich neu zu formieren. Inwiefern das gelungen ist, und ob es von allen Beteiligten wirklich aufrichtig beabsichtigt war, ist offen; fest steht allerdings, dass die angekündigte neue Transparenz noch nicht so recht in Schwung ist. Immerhin, der komplett ausgetauschte neue Vorstand räumte erstmals offiziell ein, was mittlerweile ohnehin allgemein bekannt ist: dass die AUB beträchtliche Kosten wie etwa die Gehälter ihrer Mitarbeiter in den fünf Geschäftsstellen aus Privatmitteln Wilhelm Schelskys finanzierte.

Schluss mit Luxus

Der frisch gebackene Schatzmeisters Andreas Braum erklärte, Schelsky habe zudem unter anderem bei früheren Mitgliederversammlungen Übernachtung und Bewirtung der angereisten "Unabhängigen" gezahlt; nicht von ungefähr enthielt die Einladung in diesem Jahr den ausdrücklichen Hinweis, jeder habe seinen Aufenthalt selbst zu begleichen. Schluss ist auch mit "anderem Luxus, den es künftig nicht mehr geben wird", so Braum. Wieviel Geld denn nun auf diese Weise in die AUB geflossenen ist, will Schelskys langjährige Stellvertreterin Ingrid Brand-Hückstädt nach wie vor nicht gewusst haben.

Die Scheuklappen sitzen unverändert

Überhaupt beweist sie erstaunliche Konsequenz darin, trotz erdrückender Fakten die zu Unrecht kritisierte Unschuld zu geben. In Nürnberg wiederholte sie tapfer ihr Sprüchlein, es gebe eine "Affäre Schelsky, keine AUB- Affäre" - das mag rein juristisch stimmen, zeugt aber unverkennbar vom festen Sitz der Scheuklappen über beiden Augen. Zumindest sieht sie heute ein, sie hätte als Vorstandsmitglied vielleicht doch "in der Tat nachfragen müssen", wenn Schelsky den Haushaltsplan im Alleingang aufstellt und Fragen "regelmäßig abgewürgt" habe. Als Indiz für das Ausmaß der nun entstandenen Finanzlücke mag dienen, dass die Landesgeschäftsstellen der AUB künftig geschlossen bleiben, obwohl der Mitgliedsbeitrag um 50 Prozent ansteigt.

Friede mit Schelsky

Schelskys Nachfolger ist jetzt der Hamburger Airbus-Betriebsrat Rainer Knoob, der betont, die frühere "Ein-Mann-Show ist jetzt vorbei." Das mag stimmen, beseitigt aber nicht all das, was aus über zwanzig Jahren der Ära Schelsky ohne erkennbare Aufarbeitung geblieben ist. Am Willen zu solcher Bewältigung der Altlasten darf man angesichts des "Neuanfangs" zweifeln: Statt sich mit der Affäre auseinanderzusetzen, erklärte Brand-Hückstädt, die AUB habe "an diesem Wochenende ihren Frieden gemacht mit Schelsky. Er ist Teil der AUB und wir werden ihn irgendwann mal hinter uns lassen".

Bis dahin allerdings scheint man sich von Schelsky immer noch nicht endgültig trennen zu wollen - oder zu können. Mehrere Anträge nach §11 der neuen Satzung ("Mitglieder [...] können aus der AUB ausgeschlossen werden, wenn [...] ihre Mitgliedschaft [...] dem Ansehen der AUB schadet") scheiterten.

10.000 Mitglieder statt 30.000?

Wie gehabt intransparent bleibt auch der Umgang mit Mitgliederzahlen. 30.000 nannte die AUB seit Jahren stolz; als auf der Versammlung die Frage danach laut wurde, verwies Brand-Hückstädt an Stelle einer Antwort auf die Möglichkeit, nach vorne zu kommen und in die Listen zu sehen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, nannte ein Mitglied anschließend die Zahl 10.000. Der Vorstand gab seinerseits immerhin zu, die Schelsky-Affäre habe zu rund 500 Austritten vor allem bei Siemens geführt, darunter allein ein Drittel von zirka 1.000 Betriebsratsmitgliedern: "Bei Siemens ist das Ganze eine echtes Problem."

"Chance verspielt"

Was also unter dem Strich herausgekommen ist beim groß angekündigten Neuanfang der AUB, fasst ein Kommentar der Printausgabe der "Süddeutschen" am Montag unter der Überschrift "Chance verspielt" zusammen: "Tatsächlich blieb die AUB jeden Beweis schuldig, mit ihrer Vergangenheit vollständig gebrochen zu haben. [...] Ernst nehmen kann man sie nicht."

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