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07.09.2017
USA: Erfolgreiche Betriebsratswahl bei Kirchhoff

Tariferfolg bei deutschem Autozulieferer Kirchhoff in Lansing/Michigan, auch dank der Unterstützung durch die IG Metall

Im Kirchhoff-Werk in Lansing, Michigan, gibt es jetzt eine Gewerkschaftsvertretung. Der Bevollmächtigte von Olpe, André Arenz (rechts), sprach beim Besuch in Lansing mit Werksleitung, Personalverantwortlichen und den Kollegen von der UAW.

Amerika ist für Gewerkschaften ein schwieriges Pflaster. Doch es gibt Gegenbeispiele. Zum Beispiel Kirchhoff in Lansing in Michigan. Dort ist jetzt nicht nur die Gewerkschaft UAW vertreten. Es gibt jetzt auch einen Tarifvertrag. Die Zeiten von "union busting" - also das Bekämpfen von Gewerkschaft mit allen Mitteln - sind Vergangenheit. André Arenz, der Bevollmächtigte von Olpe, hat die Verhandlungen unmittelbar unterstützt.

Frage: André, du hast dich richtig reingekniet, um bei einem US-Standort der deutschen Kirchhoff-Gruppe die gewerkschaftliche Vertretung und die Durchsetzung eines Tarifvertrags zu unterstützen. Warum?
André Arenz: Kirchhoff hat in den USA fünf Standorte. Einer davon, Tecumseh, war schon gewerkschaftlich organisiert. Nun hat die Gewerkschaft UAW auch in Lansing in Michigan Zutritt und einen Tarifvertrag.

Frage: Dein direkter Ansprechpartner war Arndt Kirchhoff, der Präsident von Gesamtmetall in NRW.
Arenz: Richtig. Dass wir in den USA etwas bewegen konnten, führe ich auf den direkten Draht der IG Metall zum Firmenchef zurück. Wir als IG Metall sind vergangenes Jahr auf Kirchhoff zugegangen, damit die Anerkennungswahl in Lansing ohne Störungen vonstattengeht.

Frage: Was war der Hintergrund?
Arenz: Die US-Autogewerkschaft UAW wollte in Lansing 2016 eine Anerkennung erreichen und stieß damit beim  damaligen Management auf heftige Gegenwehr. Die Geschäftsführung forderte die Beschäftigten sehr deutlich auf, bei der Anerkennungswahl mit Nein zu stimmen.

Frage: Also ein erbitterter Kampf gegen die Gewerkschaft.
Arenz: Es kam noch schlimmer. Mit der Lohnabrechnung erhielten die Beschäftigten ein T-Shirt mit dem Firmen-Logo und dem Aufdruck "Vote No". In Mitarbeiterversammlungen wurden die Beschäftigten auf einen Kurs gegen die Gewerkschaft eingeschworen. In Amerika ist das gang und gäbe. Unvorstellbar für die Mitbestimmung nach deutschen Muster.

Frage: Das "Union Busting" hatte in dem Standort Lansing aber letztlich keinen Erfolg, oder?
Arenz: So ist es. Inzwischen hat der HR-Manager, der wahrscheinlich die "Union Busting"-Kampagne verantwortete, das Unternehmen verlassen. Wie man hört, auf Weisung aus der deutschen Zentrale. Auch die Anerkennungswahl verlief positiv, so dass der Weg dann frei war für Tarifverhandlungen.

Frage: War das amerikanische Management dann kooperativer?
Arenz: Nicht sofort. Die Kollegen vor Ort hatten zunächst den Eindruck, dass die Verhandlungen verschleppt würden, um die Belegschaft mürbe zu machen. Bei meinem persönlichen Gespräch vor Ort mit dem Management und der Gewerkschaft UAW haben aber beide Seiten glaubhaft versichert, dass vertrauensvoll und konstruktiv verhandelt wird. Das wurde vom örtlichen UAW-Sekretär bestätigt.

Frage: Wie ist es gelungen, die Kuh doch noch vom Eis zu holen?
Arenz: In einem persönlichen Gespräch mit Arndt Kirchhoff haben wir als IG Metall darauf gedrungen, dass ein konstruktiver Weg zwischen Unternehmensleitung und Gewerkschaft eingeschlagen wird. Das wurde uns auch zugesichert und eingehalten.

Frage: Das war wohl die Kehrtwende. Seitdem läuft vieles besser bei Kirchhoff in den USA. Was hat sich jetzt für die Beschäftigten in Lansing verbessert?
Arenz: Es gibt jetzt einen Tarifvertrag. Dort ist die maximale Leiharbeitsquote von 15 Prozent festgeschrieben. Mehr darf es nicht sein. Die Stundenlöhne fangen bei 13,50 Dollar an.

Frage: Was ist das Interesse von Kirchhoff an gewerkschaftlicher Zusammenarbeit?
Arenz: Man will dort der hohen Fluktuation beikommen, die teilweise im Werk Lansing bei 50 Prozent im Jahr liegt. Das heißt knapp die Hälfte der Mitarbeiter gehen innerhalb eines Jahres. Der Arbeitsmarkt in Michigan ist sehr gut. Mit einer Arbeitslosenquote von unter 4 Prozent herrscht dort praktisch Vollbeschäftigung. Da macht es schon einen Unterschied, ob man einen Tarifvertrag hat oder nicht.

Frage: Kann das Beispiel Lansing Schule bei den anderen Kirchhoff-Niederlassungen in den USA machen?
Arenz: Ja, aus unserer Sicht kann der Standort Lansing jetzt ein gutes Beispiel sein. Die Zusammenarbeit der Verantwortlichen vor Ort ist nach meinem Eindruck jetzt gut. Außerdem ist wegen der hohen Fluktuation ein Tarifvertrag ein gutes Argument, um die Mitarbeiter länger an sich zu binden. Kirchhoff in den USA hat durchaus etwas davon, wenn das Unternehmen positiv wahrgenommen wird.

Frage: Also insgesamt eine Erfolgsgeschichte?
Arenz: Absolut. Wenn man bedenkt, dass es dort mit "Union Busting" anfing und es jetzt einen Tarifvertrag gibt, ist das wirklich ungewöhnlich. Das ist ein nicht zu unterschätzender Erfolg. Das hebt sich positiv von den Problemfällen ab, die es sonst in den USA zuhauf gibt. Es zeigt auch, wie transnationale Gewerkschaftsarbeit eigentlich laufen soll.

Quelle: IG Metall-Extranet, 22.08.2017

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