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22.06.2018
Schaeffler: E-Mobilität, Industrie 4.0 und Digitalisierung

Die Arbeitswelt verändert sich und auch Schaeffler steckt im Transformationsprozess – Gespräch mit Arbeitsdirektorin Corinna Schittenhelm und GKBR-Vorsitzendem Norbert Lenhard

Corinna Schittenhelm und Norbert Lenhard sind davon überzeugt, dass die Herausforderungen der Zukunft nur gemeinsam gemeistert werden können.

Im Doppelinterview erklären Corinna Schittenhelm, Vorstand Personal und Arbeitsdirektorin, und Norbert Lenhard, Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrates von Schaeffler, warum die Transformation des Unternehmens nur gemeinsam gelingen kann.

HERZOGENAURACH: Schaeffler und die IG Metall haben eine Zukunftsvereinbarung abgeschlossen. Corinna Schittenhelm, Vorstand Personal und Arbeitsdirektorin, und Norbert Lenhard, Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrates, erklären, worum es dabei geht.

Frage: Die Schaeffler AG treibt die Transformation des Unternehmens – insbesondere mit Blick auf die drei großen Zukunftsthemen E-Mobilität, Industrie 4.0 und Digitalisierung – voran. Welche Rolle spielen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dieser Weiterentwicklung?

Corinna Schittenhelm: Zukunftsthemen können nur im Dialog erfolgreich gestaltet werden, der die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. Daher können und müssen wir die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam angehen. Davon sind sowohl der Vorstand der Schaeffler AG als auch die Betriebsräte und die IG Metall überzeugt. Wir brauchen qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie machen aus den Herausforderungen der Zukunft Chancen.

Herr Lenhard, wie sehen Sie den Transformationsprozess?

Norbert Lenhard: Schaeffler verdient gutes Geld, der Umsatz wächst. Alleine in Deutschland schuf das Unternehmen 2017 rund 1.000 neue Arbeitsplätze. Da fragen sich viele Beschäftigte: Warum folgt ein Sparprogramm dem nächsten, wenn es der Firma so gut geht? Sie verstehen die teilweise sehr tiefgreifenden Umstrukturierungen nicht. Die Transformation ist allerdings nötig, damit Schaeffler langfristig wettbewerbsfähig bleibt. Wir müssen uns bei Elektromobilität, Digitalisierung und Industrie 4.0 noch stärker aufstellen, um auch in Zukunft die deutschen Standorte und die hiesigen Arbeitsplätze zu erhalten.

Inwiefern wird sich das auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirken?

Norbert Lenhard: Die Transformation wird in jedem Fall erhebliche Veränderungen mit sich bringen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden andere Arbeitsplätze ausfüllen und neue Anforderungen bewältigen müssen. Manche empfinden Digitalisierung und Elektromobilität daher als Bedrohung. Angst ist aber ein schlechter Ratgeber. Denn Veränderungen bringen auch neue Chancen mit sich – etwa auf höherwertigere und abwechslungsreichere Tätigkeiten. Um die Veränderung mitzugestalten, wollen wir der Belegschaft Angebote machen, sich weiter zu qualifizieren und das vorhandene Wissen im Konzern zu sichern. Viele unserer Kolleginnen und Kollegen arbeiten bereits heute an Arbeitsplätzen mit hohen Anforderungen an Wissen und Können und haben häufig Entscheidungsspielräume. Das ist eine solide Grundlage für die Zukunft. Wir sind hier schon gut aufgestellt.

Corinna Schittenhelm: Hier sehen wir uns als Arbeitgeber in der Pflicht. Es ist unsere Aufgabe, die Mitarbeiter bestens auf die Zukunftschancen vorzubereiten, die der Veränderungsprozess mit sich bringt. Dazu bieten wir bereits heute Qualifizierungen sowie Weiter- und Fortbildungen an – vor allem mit Blick auf die genannten Zukunftsfelder.

Mit dem Ziel, die Transformation gemeinsam mit der IG Metall zu gestalten, haben Sie vor kurzem eine Zukunftsvereinbarung geschlossen. Was steht dabei im Mittelpunkt?

Corinna Schittenhelm: Im Mittelpunkt der Zukunftsvereinbarung steht neben dem Thema Qualifizierung und Weiterbildung die Zielsetzung, deutsche Schaeffler-Standorte zu stärken. Dabei spielt die Einrichtung eines Innovationsfonds eine entscheidende Rolle. Betriebsbedingte Kündigungen sind nach der Zukunftsvereinbarung grundsätzlich ausgeschlossen. Darüber hinaus bekennen wir uns zur Tarifbindung der Metall- und Elektroindustrie und streben im Rahmen des „One-Schaeffler“-Ansatzes an, gemeinsam mit der IG Metall vergleichbare Arbeitsbedingungen an den Standorten zu schaffen, die bislang noch nicht der Tarifbindung unterliegen.

Was hat es mit dem Innovationsfonds genau auf sich? Wer kann davon profitieren?

Corinna Schittenhelm: Wie der Name schon sagt, dient der Innovationsfonds dazu, Innovation zu fördern und dabei den Ideenreichtum von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aktiv zu berücksichtigen. Er ist mit 50 Millionen Euro ausgestattet und zunächst auf fünf Jahre angelegt. Wir wollen so nachhaltige Wertschöpfung schaffen, Standorte stärken und Arbeitsplätze damit langfristig sichern ...

Norbert Lenhard: ... das erreichen wir dadurch, dass wir gemeinsame Zukunftsprojekte realisieren. Erstmals entscheiden Arbeitnehmervertreter bei Schaeffler mit über Investitionen. Das ist ein wichtiges Zeichen! In der Vergangenheit blieb so manches zukunftsfähige Projekt an Standorten aus Budgetgründen liegen. Dies soll sich mit dem Innovationsfond ändern.

Corinna Schittenhelm: Anfang Juni hat ein Workshop zum Innovationsfonds zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern des Steuerkreises stattgefunden. Die Ergebnisse des Workshops wollen wir nutzen, um in der Folge dann weitere Einzelheiten zum Innovationsfonds – insbesondere zur Vergabe für Mittel aus dem Innovationsfonds – mit dem Gesamt- und Konzernbetriebsrat zu vereinbaren.

Bestandteil der Zukunftsvereinbarung ist ein paritätisch besetzter Steuerkreis. Welche Aufgaben hat dieser Kreis genau?

Norbert Lenhard: Bisher hat der Vorstand die Zukunftsthemen weitgehend alleine bestimmt. Wir als Arbeitnehmervertreter wurden vereinzelt mit harten Entscheidungen über geplante Verlagerungen und Standortschließungen konfrontiert – siehe Eltmann, Elfershausen, Wuppertal, Lahr – und konnten nur noch Schadensbegrenzung dahingehend betreiben, dass die Entscheidungen sozialverträglich umgesetzt wurden. Künftig werden alle wichtigen Zukunftsthemen über einen gleichermaßen mit Betriebsräten, Gewerkschaftsvertretern und Vorstandsmitgliedern besetzten Steuerkreis koordiniert. So können wir uns frühzeitig für die Stärkung der deutschen Standorte und den Erhalt der Arbeitsplätze einsetzen. Etwas mehr demokratische Beteiligung kann für die Entscheidungsprozesse nur gut sein.

Corinna Schittenhelm: Der Steuerkreis ist für uns ein wichtiges Entscheidungs- und Informationsgremium, in dem wir uns zu relevanten Zukunftsthemen abstimmen. Die ersten Ergebnisse sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon jetzt. Zum Beispiel wurde die Integration des Bereichs „Bearing Components & Technologies“ (BCT) in die Sparten Automotive OEM und Industrie im Vorfeld im Steuerkreis behandelt. Dabei haben wir insbesondere vereinbart, den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten.

Autor: Marlon Matthäus, Schaeffler

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