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04.03.2019
Gewerkschaften aktiv: Lohnerhöhungen durch Streiks in Ungarn

Streik bei Audi im Motorenwerk Györ verursacht Produktionsstopp im Hauptwerk Ingolstadt

Logo der Audi-Betriebsgewerkschaft AHFSZ (Foto: AHFSZ)

Verschiedene deutsche Medien berichten aktuell über vermehrte Streiks der Gewerkschaften in Ungarn. Die Arbeitnehmerorganisationen würden sich immer besser organisieren und zunehmend streikfähig werden. Dies trifft insbesondere die in Ungarn stark vertretene deutsche Automobil- und Autozulieferindustrie.

Der Hintergrund ist der Zorn über die immer noch riesigen Entgeltunterschiede zwischen den deutschen Stammbetrieben und den ungarischen Zweigwerken. Produktivität und Lebenshaltungskosten haben sich in Ungarn stark dem westeuropäischen Standard angenähert, die riesige Lohn- und Gehaltskluft blieb aber erhalten. Bei Audi in Györ etwa verdient ein Arbeiter im Monat nach IG Metall-Angaben durchschnittlich nur 1.100 Euro brutto. In Deutschland hingegen liegen die Verdienste vier- bis fünfmal so hoch. Zudem wird beklagt, dass die Gewinne nach Deutschland abfließen und die Firmen nur wenig Steuern bezahlen müssen.

Ende Januar 2019 sorgte nun ein einwöchiger Streik im Audi-Motorenwerk in Györ für einen Produktionsstopp im Hauptwerk Ingolstadt. Auch an weiteren Standorten in Deutschland und Westeuropa drohte ein sogenannter "Bandabriss", also ein durch fehlende Teile verursachter Produktionsausfall. Aufgrund der geringen Lagerhaltung reicht ein kurzer Streik in einem Betrieb, um die Fertigung in anderen Betrieben zu stoppen. Bei Audi wie auch bei Mercedes und anderen Firmen in Ungarn wurden vor kurzem zweistellige Entgelterhöhungen vereinbart, um die Streiks zu beenden.

Zusätzlich für "Zündstoff" sorgte das Gesetz der rechten Orbán-Regierung für eine weitgehende Flexibilisierung der Arbeitszeit. Es war auf Wunsch der deutschen Automobilkonzerne im Januar 2019 verabschiedet worden, trägt deshalb auch den Namen "Lex Audi", "Lex Mercedes" oder "Lex BMW". Das neue Arbeitszeitgesetz sieht vor, dass die Beschäftigten bis zu 400 Überstunden im Jahr arbeiten "dürfen" und dass diese Mehrarbeit erst nach drei Jahren (!) ausgeglichen werden soll. In der Öffentlichkeit wurde diese Neuregelung scharf als "Sklavengesetz" kritisiert.

Die IG Metall sowie zahlreiche Gesamt- und Konzernbetriebsrats-Vorsitzenden der deutschen Automobilindustrie erklärten sich solidarisch mit dem Widerstand der ungarischen Gewerkschaften gegen das neue Arbeitszeitgesetz in Ungarn. Wie die "Sozialistische Zeitung" weiter berichtet, fanden in Ungarn auch Warnstreiks bei Schaeffler (im Jahr 2016) und weiteren Automobilzulieferern statt. Die ungarischen Betriebsgewerkschaften wie die AHFSZ, aber auch die Metall-Branchengewerkschaft Vasas gewinnen immer mehr Mitglieder, so dass auch in den nächsten Jahren starke Streikbewegungen und entsprechende Lohnsteigerungen zu erwarten sind.

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