Startseite
16.09.2020
Gesamt- und Konzernbetriebsrat: Bundesweiter Aktionstag für Arbeitsplätze und Standorte (TEIL 1)

Betriebsräte und IG Metall bei Schaeffler sagen "NEIN!" zum geplanten Abbau von 4.400 Stellen und der beabsichtigten Schließung von sechs Standorten (TEIL 1)

Flugblatt des GKBR (Außenseite)

Flugblatt des GKBR (Innenseite)

Herzogenaurach

Schweinfurt

Wuppertal

Suhl

Eltmann

Clausthal-Zellerfeld

Höchstadt

Luckenwalde

Bühl

An allen deutschen Schaeffler-Standorten mit Interessenvertretung protestierten heute Betriebsräte, Vertrauensleute und IG Metall mit den Belegschaften gegen die Abbaupläne des Unternehmens im Rahmen des Programms "SPACE". Dies ist Teil 1 unserer Dokumentation, Teil 2 findet sich hier.

In Herzogenaurach sollen über 1.200 Arbeitsplätze im Rahmen des Maßnahmenpakets "SPACE" gestrichen werden. Dazu betonte bei der heutigen Protestaktion am Stammsitz die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Andrea Grimm: "Dieser plötzliche Stellenkahlschlag ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir fordern ein schlüssiges Zukunftskonzept und Perspektiven für die Kolleginnen und Kollegen statt fantasieloser Stellenstreichungen. Die Schließung von Standorten und betriebsbedingte Kündigungen passen weder zum Familienunternehmen Schaeffler noch zu unserer Zukunftsvereinbarung." Betriebsrat, IG Metall und Belegschaft trugen heute in einem Trauermarsch den Plan des Arbeitgebers, 1.211 Arbeitsplätze zu streichen, symbolisch zu Grab. Zudem wurde sinnbildlich für die abzubauenden Stellen die komplette Industriestraße mit Kreuzen versehen.

In Schweinfurt kamen in neun großen Betriebsratssprechstunden nach § 39 Betriebsverfassungsgesetz rund 1.500 Beschäftigte zusammen. Der IG Metall-Vertrauenskörperleiter Tanyel Tas, der Betriebsratsvorsitzende Jürgen Schenk und der IG Metall-Unternehmensbetreuer Thomas Höhn verurteilten den geplanten Nettoabbau von über 300 Arbeitsplätzen in Schweinfurt. Jürgen Schenk machte klar: "Insgesamt sollen 1.000 Stellen entfallen, die mit verlagerten Arbeitsplätzen aus Wuppertal, Eltmann und Höchstadt teilweise ersetzt werden. Dies akzeptieren wir nicht." Thomas Höhn ergänzte: "Wir fordern den Erhalt aller Standorte und die Überbrückung der aktuellen Flaute mit Kurzarbeit und Arbeitszeitverkürzungen!" Tanyel Tas schloss mit den Worten: "Wir solidarisieren uns mit allen betroffenen Standorten!" Als symbolische Aktion wurden 1.001 Papierschiffe verteilt, nach dem Motto: "Alle bleiben an Bord!".

In Wuppertal sind Betriebsrat und IG Metall schwer enttäuscht von den Plänen, den Standort mit aktuell 850 Beschäftigten (einschließlich Leiharbeitskräften, befristet Beschäftigten, Auszubildenden) zu schließen oder zu verkaufen. Der Betriebsratsvorsitzende Özgür Sönmezcicek betont: "Wir waren noch vor wenigen Jahren 1.500 Beschäftigte und haben in drei Abbauwellen 2013, 2016 und 2019 knapp die Hälfte der Arbeitsplätze verloren. Wuppertal hat vom Management keine faire Chance bekommen. Wir fühlen uns verraten und werden gegen die Schließung kämpfen." Die Belegschaft zeigte bei der heutigen Protestaktion deutlich ihren Unmut. Zwar ist der Standort Suhl nicht direkt von SPACE betroffen. Doch der Betriebsratsvorsitzende Marco Cramer betont: "Wir beteiligen uns mit einer kreativen Fotoaktion solidarisch am bundesweiten Aktionstag und schmücken anschließend das Foyer unseres Standorts mit unseren Plakaten. Einigkeit macht stark!"

Im Werk Eltmann, das von Standortschließung bedroht ist, weil Produktion und die knapp 450 Beschäftigten nach Schweinfurt verlagert werden sollen, wurde ebenfalls protestiert. Der Betriebsratsvorsitzende Ulrich Schöpplein, zugleich Vorsitzender des Europäischen Betriebsrats, sagt: "Wir sind kampferprobt! Wer gedacht hat, dass wegen Corona öffentlicher Protest reduzierter ist, dem haben wir heute das Gegenteil bewiesen!" Spontan stellten sich Kindergarten, Kirche, Politik und Bevölkerung der Region an die Seite der Beschäftigten. Der Standort Clausthal-Zellerfeld soll ebenfalls geschlossen werden. Der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Spitzhorn appelliert an die soziale Verantwortung von Schaeffler: "Wir sind in einer strukturschwachen Region, unser Standort darf nicht sterben. Die 50 Kolleginnen und Kollegen werden hier kaum einen ähnlichen Arbeitsplatz finden."

Am Standort Höchstadt sollen von knapp 1.500 Arbeitsplätzen rund 445 entfallen, die komplette Industrie-Sparte verlagert werden. Der Betriebsratsvorsitzende Roland Holler erklärt dazu: "Wir haben schon letztes Jahr im Rahmen des Freiwilligen-Abbauprogramms JUPITER rund 170 Kolleginnen und Kollegen verloren. Mit dem geplanten 'Kahlschlag' im Rahmen von SPACE sehe ich schwarz für unseren Standort, weil uns die Fixkosten davonlaufen werden. Das darf nicht passieren, dagegen werden wir kämpfen!" Um sich nicht "abSPACEn" zu lassen, finden heute ab 14 Uhr mehrere Aktionen von Betriebsrat und IG Metall (Martin Feder) statt, unter Beteiligung von solidarischen Unterstützern aus Kirchen und Politik. Konkret wird es im Werk eine Menschenkette geben, die symbolisch darstellt, dass die Beschäftigten weiterhin an einem Strang ziehen werden. In einer weiteren Aktion wird die Industrie-Sparte in Höchstadt mit einem Karton-Sarg sinnbildlich zu Grabe getragen.

Am Standort Luckenwalde organisierte der Betriebsrat heute mit 220 Leuten eine "bewegte" Betriebsversammlung, die vom Schaeffler-Werk zum Marktplatz führte. Luckenwalde mit gut 380 Beschäftigten soll laut dem Maßnahmenpaket "SPACE" erst durch eine Teilverlagerung halbiert werden, für den "ansehnlichen" Rest soll dann nach alternativen Lösungen – eventueller Verkauf – gesucht werden. Der Betriebsratsvorsitzende Frank Hildebrandt ist davon schwer getroffen: "Seit fast 36 Jahren produzieren wir hier in Luckenwalde für und als SCHAEFFLER. Nun sollen 140 Kolleginnen und Kollegen ihre Stellen verlieren und der Rest verkauft werden? Die Belegschaft fühlt sich um ihre Leistungen, Innovationen und ihre Zukunft betrogen. Hier sind die Existenzen aller Mitarbeiter und deren Familien akut bedroht. Wir sind vom Vorstand schwer enttäuscht! Dass Luckenwalde hier von der Schaeffler-Landkarte verschwinden soll, werden wir als Belegschaft, Betriebsräte und IG Metaller nicht hinnehmen."

In Bühl sollen beinahe 340 Stellen entfallen. Dies ist ein Rückschlag für den Sitz der Automotive-Sparte, nachdem bereits bei den letzten Abbauprogrammen eine dreistellige Zahl an Arbeitsplätzen entfallen war. Zwar werden rund 500 Stellen in der Elektromotorenfertigung am Standort aufgebaut, diese können aber nicht 1 zu 1 gegengerechnet werden. Von den 500 neu geschaffenen Stellen im E-Mobility-Bereich sind derzeit ca. 120 schon besetzt, die restlichen sollen erst ab 2023 bis 2025 aufgebaut werden! Der Betriebsratsvorsitzende Volker Robl informierte die Belegschaft heute in einer Versammlung: "Wir sind können die geplanten Standortschließungen sowie die drohenden betriebsbedingten Kündigungen nicht akzeptieren. Hier muss sich der Vorstand auf uns zubewegen!"

Dies war Teil 1 unserer Dokumentation, Teil 2 findet sich hier.

Druckansicht