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13.10.2020
Gesamt- und Konzernbetriebsrat: Stand von "SPACE" + Fragen zum Footprint

Im neuen GKBR-Infoblatt Nr. 07/2020 stellt der GBR-Vorsitzende Salvatore Vicari den Stand des Programms "SPACE" vor – Außerdem wird die Footprintanalyse des Vorstands unter die Lupe genommen

Interview mit Salvatore Vicari über den aktuellen Stand des Programms „SPACE“

„Die Planungen zum Maßnahmenprogramm ‚SPACE‘ sind nicht alternativlos. Wenn wir in dieser Situation positive Veränderungen erreichen wollen, müssen wir solidarisch denken und handeln.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit der ersten Information des Gesamt- und Konzernbetriebsrats (GKBR) durch den Schaeffler-Vorstand zum Programm „SPACE“ am Mittwoch, dem 09.09.2020 ist über ein Monat vergangen – Zeit, um mit Salvatore Vicari, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Schaeffler Technologies, ein Interview über den aktuellen Stand zu führen.

Salvatore, was hast Du persönlich empfunden, als der Vorstand dem GKBR die Inhalte des Programms „SPACE“ vorgestellt hat?

Ich war überrascht und enttäuscht. Für mich war klar, dass, nach all den Abbauprogrammen bei anderen Unternehmen der Automobil- und Zuliefererindustrie, Schaeffler ebenfalls ein Maßnahmenprogramm auflegen würde. Der geplante Stellenabbau und die angedachten Standortschließungen und -verkäufe beziehungsweise Verlagerungen schockieren mich. Mich treibt die Frage um: wieso reagiert das Management von Schaeffler so, wie es reagiert? Darauf konnte mir bisher niemand eine befriedigende Antwort geben.

Was haben die GKBR-Mitglieder seit der Erstinformation zum Programm „SPACE“ am 09.09.2020 unternommen?

Nach internen Vorbereitungen und Vernetzungen war der bundesweite Schaeffler-Aktionstag am 16.09.2020 der offizielle Auftakt unseres politischen Handelns gegen das Programm „SPACE“. Von allen deutschen Standorten sind Beauftragungsbeschlüsse für eine enge Zusammenarbeit mit dem INFO-Institut sowie der Anwaltskanzlei Schwegler eingegangen. Wir haben eine geordnete Vorgehensweise auf der Ebene des GKBR abgestimmt, flankiert und unterstützt durch örtliche Aktionen.

Was ist das Wichtigste in dieser Situation?

Für mich ist das Wichtigste das Vertrauen und der Rückhalt der Belegschaft. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir als arbeitnehmerseitige Interessenvertretung unser bestmögliches Tun, um das Maßnahmenpaket im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen zu beeinflussen. Der Zusammenhalt der Standortbetriebsratsgremien und ein abgestimmtes Vorgehen auf zentraler Ebene sind ebenfalls von großer Bedeutung.

Was möchtest Du den Kolleginnen und Kollegen an dieser Stelle mitgeben?

Die Planungen zum Maßnahmenprogramm „SPACE“ sind nicht alternativlos. Wenn wir in dieser Situation positive Veränderungen erreichen wollen, müssen wir solidarisch Denken und Handeln. Es muss eine Zukunft „made in Germany“ geben. Unterstützt eure örtlichen Betriebsräte, Vertrauensleute sowie die IG Metall und nehmt an den Aktionen vor Ort teil. Geht auf eure lokalen Politikerinnen und Politiker zu und diskutiert die Situation. Denn eines ist sicher: diese Krise können wir nur gemeinsam bewältigen.

Der Schaeffler-Footprint: GKBR will Klarheit und Transparenz!

Betriebsräte fordern seit Jahren dazu eine Diskussion in den deutschen Standorten

Der Vorstand der Schaeffler AG hat in einer seit 2018 andauernden Diskussion entschieden, dass weltweit alle Schaeffler-Standorte in einer „Footprintanalyse“ abgebildet werden. Ziel ist es, eine Aussagefähigkeit über die Situation eines Standortes treffen zu können, ohne tiefergehende Analysen durchzuführen. Innerhalb eines Rasters sind die einzelnen Standorte verortet. Eine Einbindung der Betriebsräte in den deutschen Standorten gab es nie dazu. Um was geht es im Detail?

Auf einer y-Achse ist der Gross Profit (GP) II (Deutsch: Rohgewinn II ) abgebildet. Auf der x-Achse die strategische Relevanz des Standortes – aus Sicht des Managements. Dazu gehören mehrere Faktoren, beispielsweise Standortgröße, Technologie, Wachstumspotential, Lohnkosten, Kundennähe, Verbrauchskosten, Unterhaltungskosten, etc.

Einen Überblick, wie diese Analyse aussieht, zeigt die folgende Grafik.

Die arbeitnehmerseitige Interessenvertretung kritisiert diese Footprintanalyse wegen mehrerer Aspekte:
1. Wie kommt die Auswahl der Faktoren für die y- und x-Achse Auswahl sowie die Faktoren für die strategische Relevanz zustande?
2. Die Lohnkosten wirken sich für die deutschen Standorte doppelt negativ aus, da sie auf beiden Achsen Einfluss nehmen.
3. Den Betriebsräten ist nicht bekannt, ob eine Gewichtung der Faktoren besteht, die sich gegebenenfalls zusätzlich negativ für die deutschen Standorte auswirken.
4. Lag der grüne Bereich für den GP II beim Projekt Core im Jahr 2017 für Industrie noch bei 25 %, wurde der Wert bspw. für Wuppertal auf 30 % im Jahr 2018 angehoben – im aktuellen Projekt wurde die Zielmarge auf 35 % angehoben – ohne jegliche Information der Arbeitnehmervertretung.

Vor der Schließung des Standortes Elfershausen im Jahr 2018 hat der GP II überhaupt im Dialog mit Betriebsräten keine Rolle gespielt! Der Arbeitgeber legte die zu erreichenden Faktoren immer höher und setzte dadurch die deutschen Standorte „künstlich“ massiv unter Druck.

Die Analysen wurden nicht mit den örtlichen Betriebsräten beraten und die Informationen durch das Management sind sehr spärlich. Seit der Einführung der Footprintanalyse drängen die Standortbetriebsräte auf örtliche Gespräche mit der Arbeitgeberseite, um das Thema Footprint zu erörtern. Nur durch Offenheit, Klarheit und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vor Ort, kann ein Gespür dafür entstehen, welche Bedeutung ein Standort im Schaeffler-Konzern hat.

Deshalb fordert der GKBR das Management zu mehr Transparenz auf. Footprintanalysen dienen dem Arbeitgeber als Entscheidungsgrundlage in der Transformation.

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