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12.11.2020
Continental: IG BCE-Chef Vassiliadis fordert Ausweitung der Mitbestimmung

Nach dem hart umkämpften Aufsichtsratsbeschluss bei Continental zur Schließung mehrerer Werke in Deutschland möchte der Gewerkschaftsvorsitzende eine "neutrale dritte Partei" in Aufsichtsräten einführen

Michael Vassiliadis ist seit 2009 Vorsitzender der Gewerkschaft (Foto: IG BCE)

Der brachiale Personalabbaukurs beim Hannoveraner DAX-Konzern Continental zieht weitere Kreise. Michael Vassiliadis, Vorsitzender der bei Conti für das Gummigeschäft zuständigen Gewerkschaft IG BCE, meldet sich nun in Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Ministerpräsidenten der Bundesländer sowie die Partei- und Fraktionsvorsitzenden zu Wort.

In seinen Schreiben fordert Vassiliadis eine Reform des Mitbestimmungsgesetzes von 1976. Laut einem Bericht des "Handelsblatts" möchte der Gewerkschaftsvorsitzende für den künftigen Fall eines "Patts" im Aufsichtsrat die gesetzliche Einführung einer "neutralen dritten Partei", wie in der Montanindustrie. Für den Fall eines Gleichstands zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat wäre dann künftig eine verpflichtende Vermittlung (Mediation) durch den neutralen Dritten im Aufsichtsrat erforderlich. Bei den aktuellen "Kahlschlagplänen" des Continental-Vorstands hatte der Vorsitzende des Aufsichtsrats Prof. Dr. Wolfgang Reitzle, als Vertreter der Kapitalseite, mit seinem "Doppelstimmrecht" für die Annahme des radikalen Personalabbauprogramms gesorgt. Es sieht den Abbau von rund 13.000 Stellen in Deutschland sowie die Schließung mehrerer Werke vor.

Würden die Ideen von Vassiladis zur Wirklichkeit, wäre in "Patt"-Fällen im Aufsichtsrat – wie aktuell bei Continental – künftig eine Schlichtung verpflichtend. Nach den Vorschlägen des Gewerkschaftsvorsitzenden könnte das Schlichtungsergebnis, das unter Leitung der "neutralen dritten Partei" zustande käme, nur mit einer Zweidrittelmehrheit im gleichermaßen mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern besetzten Aufsichtsrat abgelehnt werden. Dies würde wiederum die Zustimmung eines Teils der Arbeitnehmerseite voraussetzen, was eine wirkungsvolle Barriere gegen einseitige Entscheidungen des Kapitals sei. Vassiliadis' Vorstellungen lehnen sich an die sogenannte "Montanmitbestimmung" an, die in der Kohle- und Stahlindustrie gilt. Hier ist der Aufsichtsrat ebenfalls paritätisch besetzt, aber zusätzlich gibt es ein weiteres "neutrales" Mitglied. Die bei Continental für den Automotive-Bereich zuständige Gewerkschaft IG Metall wird in dem Artikel des "Handelsblatts" nicht zitiert, hatte den "Personalkahlschlag" bei Continental sowie die übergroße Macht der Kapitalseite aber mehrfach kritisiert und spricht sich seit langem für mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmerseite aus.

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