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30.06.2021
INFO-Institut: Klimaschutz in Europa und die Automobilindustrie

Das arbeitnehmernahe Beratungsunternehmen INFO-Institut aus Saarbrücken analysiert in seinem aktuellen Rundbrief Nr. 02/2021 die geplante EURO-7-Norm und die Folgen der Klimaschutzgesetzgebung auf die Autoindustrie

Übersicht: EURO 7 und das Klimaschutzgesetz

Für die Zulassung neuer Automodelle in der Europäischen Union, auch vor dem Hintergrund der neuen Klimazielwerte, müssen bestimmte Abgasnormen erfüllt werden. Aktuell gilt die Norm EURO 6, welche allerdings von EURO 7 abgelöst werden soll. Die Einführung der neuen Norm wird frühestens im Jahr 2025 erwartet.

Das generelle Ziel von EURO 7 ist die Reduzierung von Schadstoffemissionen wie Stickoxide und Feinstaub. Die Messung der Werte erfolgt teilweise unter realen Umständen und auf echten Straßen. Das bedeutet, die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub müssen nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden, sondern auch in dem alltäglichen Gebrauch. Die erfassten Daten sollen per Mobilfunkverbindung an die EU übermittelt werden.

Konfliktpotential mit der Autobranche lieferten jedoch nicht nur die um einen Faktor drei bis zehn verschärften Grenzwerte für Stickoxide, Kohlenmonoxide, Lachgas und Feinstaub. So waren beispielsweise 10 mg Stickoxide je km vorgesehen. Am 8. April 2021 stellte die EU-Expertengruppe "Advisory Group on Vehicle Emission Standards" ihre etwas entschärften Empfehlungen für die neue Abgasnorm vor, welche mehr Zustimmung bei den Herstellern fand. Diskutiert werden beispielsweise 20 oder 30 mg Stickoxide je km. Bei Lieferwagen könnten die Grenzwerte gewichtsabhängig werden. Zudem sollen bestimmte Toleranzen bei Messungenauigkeiten eingeräumt werden. [...]

Klimaschutzgesetz 2021: Schärfere CO2-Vorgaben über alle Sektoren hinweg

Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes von 2019 werden die Zielvorgaben angehoben und die Treibhausgasneutralität auf 2045 vorgezogen. Das Reduzierungsziel für 2030 beträgt min. 65% gegenüber dem Basisjahr 1990. Für das Jahr 2040 ist eine Reduzierung von min. 88% angestrebt. Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland Treibhausgasneutralität erreichen, 5 Jahre früher als bisher geplant. Die Zielvorgaben je Sektor wurden bereits definiert, konkrete Maßnahmen fehlen noch.

Experten sehen in der Verschärfung der Vorgaben für den Verkehrssektor einen Abschied des Verbrenners ohne konkrete Terminvorgabe. Gemäß der Boston Consulting Group müssten, unter der Annahme, dass die durchschnittliche Lebensdauer von Automobilen 15 Jahre beträgt, Neuwagen bereits ab 2030 und ca. 50% der LKWs vollelektrisch sein, um die Treibhausgasneutralität in 2045 zu erreichen. Das heißt, dass es demnach im Verkehrssektor (PKW) bis 2030 im Grunde zu einem Verbrennerausstieg bei Neuzulassungen kommt. Auch die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) geht unter der Gesetzesänderung vom Aus für Verbrenner bis spätestens 2035 aus. [...]

Neben der Anpassung des Klimaschutzgesetzes werden sich auch die Regelungen der EU-Kommission, die Mitte Juli erwartet werden und nach Medienberichten ein Absenken der Flottengrenzwerte auf null ab 2035 für Neufahrzeuge vorsehen, deutlich auf die Mobilität auswirken. Ob nun die deutschen oder doch die EU-Vorgaben greifen, eins bleibt sicher: Die Elektromobilität schreitet unaufhaltsam voran und dürfte durch die neue Gesetzeslage wahrscheinlich noch beschleunigt werden.

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